Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Fast Food für Feinschmecker

Man ist unterwegs, hat keine Zeit, braucht einen Snack, doch der Appetit auf die trostlosen Angebote der Ernährungsindustrie hält sich in engen Grenzen. Was tun? Der aktuellen (noch bis zum 10. März am Kiosk erhältlichen) Ausgabe des Magazins Der Feinschmecker ist ein 132 Seiten starkes Booklet beigefügt, das 250 „Adressen für den guten schnellen Imbiss“ versammelt, ganz so, wie es das Heft normalerweise mit Spitzenrestaurants, Weingütern und Hotels macht. Fast Food für Besseresser.

Feinschmecker Fast Food

Zum ersten Mal testeten die Redakteure Burgerbuden und Frittenschmieden, Suppenküchen und Schnellspeisungen aller Art. Gut so. Denn zur Esskultur gehören sie ebenso wie die Avantgarde, und dem Zeit- und Geldbudget der meisten Menschen entsprechen sie weit eher als der gelegentliche Besuch am oberen Ende des kulinarischen Spektrums. Die Entwicklung zum zugänglicheren Zweitrestaurant hält ohnehin schon längere Zeit an, spätestens seit Joël Robuchon 2003 sein erstes Atelier in Paris eröffnete. Und der Guide Michelin weist mit der Bib Gourmand-Auszeichnung ebenfalls in Richtung Alltag. Auch eine Ebene tiefer den geschulten Gaumen auf Entdeckungsreise gehen zu lassen, ist daher nur konsequent.

Curry Queen

Was hat der Fast Food Parcours des Feinschmecker-Magazins erbracht? Einen ordentlichen Anfang, bei dem bisweilen der Kultcharakter gegenüber der kulinarischen Qualität ein wenig zu hoch gewichtet wird. In Anbetracht der Vielfalt und Dynamik des Angebots in deutschen Großstädten kann der Führer natürlich nur Akzentsetzung und Momentaufnahme sein. Und bei Orten, die kleiner sind oder abgelegener, bietet das Heft hilfreiche Hinweise für den Durchreisenden. Man zeigt sich verblüffend aufgeschlossen: Wer hätte gedacht, dass der Feinschmecker einmal einen Hausmannskostklassiker wie Klemke’s Wein- und Spezialitäten-Eck in der Charlottenburger Mommsenstraße empfehlen würde? Zu Recht weist das Magazin in der Fast-Food-Hauptstadt Berlin auf die Ein-Euro-Austern bei Lafayette-Gourmet hin, die von Zeit zu Zeit den Genuss frischer Fines de claire zum symbolischen Preis erlauben. Der Hinweis auf die hyper-gehypte Markthalle Neun in Kreuzberg fehlt erwartungsgemäß nicht, und über Konnopke’s legendäre Currywurstbude in Prenzlauer Berg erfährt man, dass sich Gründerenkel Mario Ziervogel unterdessen mit einem eigenen, hochwertigeren Imbiss selbständig gemacht hat. Dass der Kreuzberger Burgermeister dem kulinarisch sicherlich überlegenen Burger de Ville vorgezogen wurde, erschließt sich mir jedoch nicht. In Hamburg schaffte es Wurstpionier Curry Queen nicht auf die Liste; im Frankfurter Bahnhofsviertel vermerken die Tester lediglich zwei Burgerbuden, während originellere Angebote wie die Pastrami von Maxie Eisen fehlen. Etwas dürftig fallen die Einträge zum Fast Food in den neuen Bundesländern aus. So finden sich nur zwei Adressen in Dresden, und in Leipzig sind den Testern die doch eher durchschnittlichen Bagel Brothers einen langen Eintrag wert. Bemerkenswert ist allerdings, wie gut sich die Redaktion an der Ostsee auskennt – das hilft bei der Suche nach dem besten Fischbrötchen.

Fish & Chips

Für alle, die nach der Lektüre noch immer Appetit auf Informationen haben, hier ein Geheimtipp: Im Kölner Stadtteil Klettenberg bietet Neuland-Fleischer Odenkirchen einen sehr guten Hamburger an. Das Fleisch kommt erst nach der Bestellung durch den Wolf und wird mitsamt Zwiebeln individuell in der Pfanne zubereitet.

Mehr über Kulinarisches finden Sie im Archiv.

27. Februar 2015