Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Design oder kein Design? Jasper Morrisons Londoner Laden

Jasper Morrisons Londoner Laden präsentiert eigene Entwürfe des Designers zwischen anonymen Objekten. So veranschaulicht er den Ansatz des supernormal.

Als Student handelte der heute weltbekannte, britische Industriedesigner Jasper Morrison mit Büchern. Selbst sein bester Kunde, sammelte er Schwarz-Weiss-Abbildungen ihn inspirierender Orte und Dinge. Daraus entstand zunächst ein Vortrag, dann – 1992/1998 – das Buch a world without words und letztendlich ein Designdenken, das seinen Niederschlag nicht nur in Morrisons Entwürfen, sondern auch in der mit Naoto Fukasawa konzipierten Ausstellung Super Normal – Sensations of the Ordinary (2006/07) und in Morrisons Laden im Londoner Norden fand. In einem Interview erläutert der Designer seinen Ansatz:

„I’m sure that a lot of people live in very satisfactory ways in interiors where design is irrelevant, simply by buying objects from normal shops, objects which serve a purpose and together have a kind of integrity which lead to a much less fussy and much less style-conscious way of living. Which is probably more real. For me that’s the competition and the goal, to do the same thing with Design.“

Zu den „normal shops“, von denen Morrison sich beeindruckt zeigt, könnte auch der Eisenwarenhandel C. Adolph zählen, der Morrison während eines Studienaufenthaltes 1984 an der nicht weit davon entfernten Berliner Hochschule der Künste (heute: UdK) kaum entgangen sein dürfte. Auf jeden Fall ließ er sich nach eigener Auskunft von einem „local hardware shop in Berlin“ zu einem Tisch anregen. Und auffällig ähneln die alten „German Railways door handles“, die er in seinem Buch a world without words abbildet, den von Morrison für FSB entworfenen Türgriffen. Anstatt Design als Betonung des Neuen und Besonderen oder als Selbstausdruck eines Designers aufzufassen, begreift Morrison Gestaltung als zeitgemäße Weiterarbeit an bewährten, vertrauten Typen, als leichte Verschiebung und subtile Verfeinerung:

„There are better ways to design than putting a lot of effort into making something look special. Special is generally less useful than normal, and less rewarding in the long term. Special things demand attention for the wrong reasons, interrupting potentially good atmosphere with their awkward presence.“

Konsequenterweise mischt das Sortiment von Jasper Morrisons Londoner Laden in aller Welt gefundene, namenlose Objekte mit von ihm selbst entworfenen Dingen. Der Kunde sieht sich herausgefordert: Wie raffiniert ist das Unprätentiöse? Und wie selbstverständlich das Designte? Morrisons Laden/Ausstellung befindet sich auf dem Gelände seines Ateliers. Er hat keine Schaufenster, aber reguläre Öffnungszeiten: montags bis freitags zwischen 11 und 17 Uhr wird Interessierten die schwarzgestrichene Tür von 24b Kingsland Road gerne geöffnet.

Jasper Morrisons Londoner Laden

Die Besucher können in Jasper Morrisons Londoner Laden nicht nur sorgfältig ausgewählte Gegenstände erwerben, sondern sehen sich bei jedem einzelnen Objekt vor die Frage gestellt, ob es vor oder nach dem Verlust der dinglichen Unschuld gestaltet wurde.

Erfahren Sie mehr über Jasper Morrison in den Artikeln über sein Designverständnis und seine Crate.

11. Juni 2014