Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Andrew Sullivan’s Dish: Das ganze Internet lesen

Vergangenen Freitag hat Andrew Sullivan, der beste aller Blogger, nach fünfzehn Jahren seinen Dish eingestellt. Zu den letzten Posts zählt ein Artikel von Patrick Appel, der als Praktikant bei Sullivan anfing und als fester Redakteur bis zum Schluss dabei war. Appels Job: Das Internet nach Lesenswertem zu durchforsten. Er war, wenn man so will, ein Google mit menschlichem Antlitz. Ein Anti-Algorithmus.

Dish Andrew Sullivan

In der Rückschau gibt Appel Einblick in seine Arbeitsweise und damit zugleich ein paar Anregungen zu einer der spannendsten Fragen unserer Zeit: Wie kann man mit der digitalen Informationsexplosion auf eine Weise zurechtkommen, die das Gute herausfiltert und das Schlechte ignoriert? Appel schreibt, er habe in den sieben Jahren seiner Arbeit mit Sullivan sicherlich mehr als eine Million Blogposts gelesen, vielleicht mehr als jeder andere Mensch auf diesem Planeten. Im Laufe der Jahre nahm die Zahl der Quellen immer weiter zu. Appel über die Anfänge:

„In those days, you could keep on top of the major online conversations by tracking a couple hundred blogs. Within a few years, I was tracking more than a thousand.“

Zu viel für eine Person. Appel erfand ein System des kollektiven Lesens:

„So I ditched my personal RSS account and set up a group account for the entire staff. The number of blogs we follow grew to over three thousand. I’d send interns batches of 40 or 50 links to evaluate.“

Bald darauf waren die Praktikanten im Schichtdienst damit beschäftigt, das Internet zu durchsuchen (Sullivan bezahlte seine Praktikanten übrigens ordentlich und garantierte ihnen Krankenversicherung). Ein Intranet wurde entwickelt. Und doch steuerten Appel und sein Team auf den Burnout zu. Weshalb der Blog jetzt geschlossen wird.

Sullivans Dish wird fehlen, nicht nur wegen der unverwechselbaren Stimme des Gründers und der außergewöhnlichen Qualität der kuratierten Leserbeiträge. Er wird auch deshalb fehlen, weil niemand so gut in dem ist, was die Blogger selbst folgendermaßen auf den Punkt brachten:

„Our unofficial motto eventually became ‚we read internet so you don’t have to‘.“

Danke, Dishheads.

Abbildung: Round Icons*

11. Februar 2015