Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Gibt es guten Wein für 5 Euro?

Vor einiger Zeit korrigierte eine Studie der Forschungsanstalt Geisenheim das Bild vom deutschen Billigweintrinker. Nicht etwa – wie noch vor einigen Jahren von Händlerseite behauptet – knickrige 2 Euro, sondern sagenhafte 3,50 Euro gäben die Deutschen im Schnitt für eine Flasche Wein aus. Wie sieht es mit der magischen Grenze aus: Gibt es guten Wein für 5 Euro?

Ein Weinpreis setzt sich aus vielen Einzelkomponenten zusammen, darunter Weinbergpflege, Bepflanzung, Lese, Ausbau, Abfüllung, Flasche, Korken, Kapsel, Etikett, Karton, Vermarktung, Steuer. In einem umfassend recherchierten Dossier für die Zeitschrift Wein Gourmet nannte Jens Priewe 2006 – je nach Land und Berechnungsgrundlage – Beträge zwischen vier und fünf Euro, unterhalb derer Kostendeckung kaum möglich sei – von Verdienst ganz zu schweigen. Guter Wein für 5 Euro? Eine Illusion.

Der Weinjournalist Till Ehrlich, der bereits vor zehn Jahren ein Buch über Supermarktweine publizierte und sich seither immer wieder auf die Suche nach guten Weinen für weniger als zehn Euro begab, nennt sechs Euro einen fairen Preis für den Einstiegswein eines handwerklich arbeitenden Winzers:

„Doch bei einem Winzer, der seinen Wein etwa in der Steillage an der Mosel anbaut, reicht das nicht. Da muss man schon mindestens neun bis zehn Euro für einen echten Wein ausgeben.“

Wer dazu nicht bereit oder in der Lage ist, muss große Anbauflächen, maschinelle Ernte und weitgehend technische Verarbeitung im Keller in Kauf nehmen – auch dann, wenn die Flasche mit einem Bio-Siegel versehen ist. Dies vorausgesetzt, sei preisorientierten Weintrinkern der Rosso Piceno von Saladini Pilastri empfohlen, der bei Pinard de Picard bereits für 5,30 Euro zu haben ist. Es handelt sich um einen aus 70% Sangiovese und 30% Montepulciano hergestellten Wein aus den Marken, der vier Monate lang in französischer Eiche lagerte. Ein prima Pastawein für den Alltag, feinwürzig und johannisbeerig, den man entgegen der Empfehlung auf dem Etikett nicht chambriert, sondern lieber etwas kühler servieren sollte, gerade im Sommer.

Salidini Pilastri: guter Wein für 5 Euro

Wer mehr will, greift zum 9,90 Euro teuren Pregio del Conte, der zu gleichen Teilen aus Montepulciano und Aglianico vinifiziert wird. Er gefällt mit seiner tiefdunklen Farbe, dem reichen Fruchtbukett und einer bemerkenswerten Fülle am Gaumen.

P.S.: Die Obergrenze für einen äußerst aufwändig produzierten Wein sieht Till Ehrlich übrigens „bei nicht mehr als zwanzig bis dreißig Euro pro Flasche“. Status- und Spekulationsaspekte außen vor, versteht sich.

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20. August 2014