Passung. Naoto Fukasawa und die Designtheorie
Wenn es wahr ist, dass gutes Design Artefakte in die Welt setzt, die wirken, als seien sie natürlich, dann ist Naoto Fukasawa ein Meister des Designs. Seine wachsame, subtile Formgebung schafft Dinge und Umgebungen von elaborierter Einfachheit. Ein neues Buch stellt jüngere Arbeiten des 1956 geborenen japanischen Designers vor – und fordert die Designtheorie heraus.
Die besten Objekte von Naoto Fukasawa fühlen sich an und fügen sich ein, als sei ihr Design geradezu unvermeidlich, als seien sie nicht entworfen. Neue, von ihm gestaltete Dinge – beispielsweise die Holzmöbel für Maruni oder Küchengeräte für Muji – wirken unmittelbar vertraut. Im Vorwort zum dieser Tage bei Phaidon herausgekommenen Buch Embodiment schreibt Jane Fulton Suri:
„He considers how to design something that feels intuitive and slips fluidly into people`s natural patterns of action. Something that seems, though new, as if it must have always been there.“
Formulierungen wie diese widersprechen dem konstruktivistischen Kern der Kulturwissenschaften. Gleichwohl wird jeder, der sich ernsthaft mit der Kultur gestalteter Dinge befasst, ihre Evidenz kaum bestreiten. Was bedeutet die Spannung zwischen dem Wissen um das Gemachte und dem Erleben stimmigen Einfügens für die Theorie des Designs? Zu entlarven, dass Fukasawas Selbstverständnis ’naiv‘ ist, wäre ebenso belehrend wie banal. Aufschlußreicher ist ein Blick auf seinen kreativen Schaffensprozess (auf Fotos sieht man ihn oftmals gebeugt, hockend oder liegend, um eine Situation zu erkunden) und die Affordanzen seiner Artefakte.
Wire Basket and Egg Carton, ±0, Japan, 2010. Picture credit: Naoto Fukasawa Design (page 199)
Wie sähe eine Theorie der Form aus, die sich darauf einließe? Was können die Kulturwissenschaften aus der ästhetischen Praxis des Designs lernen? Zu solchen Fragen einzuladen und Material zu ihrer Beantwortung bereitzustellen, ist das Verdienst guter Bildbände. Dank erstklassiger Fotografien und der informativen Begleittexte von Naoto Fukasawa kann Embodiment nicht nur als anregendes coffeetable book, sondern auch als Einladung zu einer von ästhetischer Praxis informierten Designtheorie aufgefasst werden.
Umbrella for Life, Wallpaper* Handmade Exhibition, Ombrelli Maglia, 2013. Picture credit: Naoto Fukasawa Design, Asami Koga (page 249)
Tempo, clock, Magis, Italy, 2011. Picture credit: photo: Tom Vack (page 154)
Naoto Fukasawa: Embodiment. London: Phaidon 2018. 288 Seiten. 75 Euro.
Lesen Sie auch den Text über Optimum, ein Buch von Naoto Fukasawa und Kenya Hara.
5. Juli 2018