Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Drei Fragen an … Jean-Philippe Aiguier

Jean-Philippe Aiguier (*1975), gelernter Koch und studierter Philosoph, betreibt das Hofgut Ruppertsberg an der Pfälzer Weinstraße. Der Deutsch-Franzose kochte in Michelin-besternten Restaurants, bis er sich 2007 mit einem konsequent qualitätsorientierten Gastronomiekonzept selbstständig machte.

Jean-Philippe Aiguier

Jean-Philippe Aiguier Betrieb ist Bioland-zertifiziert und setzt auf eine regionale und saisonale Küche, die gleichwohl nicht auf Raffinesse verzichtet. Der Patron pflegt den persönlichen Kontakt zu seinen Produzenten – und informiert auf der Speisekarte bei jedem einzelnen Gericht darüber, woher und von wem die Zutaten stammen. In den Hausmitteilungen des Hofgutes erfahren die Gäste regelmäßig mehr über die Motivationen, Hintergründe und Erfahrungen des Betreibers, der auf ungewöhnliche Art gedankliche Durchdringung und praktische Umsetzung verbindet.

Hofgut Ruppertsberg Salat

INVENTUR hat Jean-Philippe Aiguier vor Ort interviewt.

Was verstehen Sie unter Qualität?

„Qualität ist ein umfassendes Konzept, bei dem es nicht nur um Material und Verarbeitung geht, sondern um ein stimmiges Gesamterlebnis. Biete ich etwas Sinnvolles an? Sitzt der Gast am ‚richtigen‘ Tisch? Stimmt die Raumtemperatur? Fühlt sich der Gast wohl, nicht nur während seines Besuches, sondern auch noch am nächsten Morgen? Bezahle und behandle ich meine Lieferanten und Mitarbeiter ordentlich? Qualität besteht in einer spannungsreichen Harmonie. Für mich handelt es sich dabei um etwas Organisches.“

Wie setzen Sie diese Vorstellung in Ihrer Arbeit um?

„Es ist wichtig, nur das zu machen, was man wirklich gut kann und ein Gespür für gute und glaubwürdige Leute zu haben. Beispielsweise lerne ich im Austausch mit den Bauern viel über deren Produkte: Wie schmeckt ein bestimmtes Tier im Sommer, wie im Winter, je nach Fütterung? Wann ist der ideale Schlachtzeitpunkt einer bestimmten Rasse? Oder ich rede mit einem Nutzgeschirrmacher darüber, wie die Sauce über den Teller fließt. Das habe ich bei Lenôtre gelernt: Erst im Kontakt mit den Könnern erfährt man, was das jeweilige Optimum ist.“

An welchem Beispiel wird Ihr Qualitätsideal besonders anschaulich?

„Nehmen wir etwas ganz Einfaches: einen Tomatensalat. Man mag gehört haben, dass die italienischen San Marzano Tomaten einen überwältigenden Geschmack haben. Aber was nützt das, wenn sie im Kühlhaus lagern und aus Italien in die Pfalz transportiert werden? So verlieren sie an Charakter und schmecken bei uns nicht mehr so gut wie dort, wo sie wachsen. Wir beziehen unsere Kirschtomaten von der Bioland-Gärtnerei Klaus Fix in Rödersheim-Gronau, hier in der Nähe. Sie gelangen ohne Kühlkette zu uns aufs Hofgut, reifen einige Tage nach und werden dann mit schwarzem Pfeffer, Fenchelkraut und Kapuzinerblüten aus eigener Ernte zu einem Salat angerichtet. Der Gast schmeckt den Unterschied.“

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Eine Liste aller Interviews mit Qualitätsexperten finden Sie im Archiv.

Fotos: © Hofgut Ruppertsberg

27. September 2013