Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Drei Fragen an … den Zigarrenhändler Maximilian Herzog

Wenn Maximilian Herzog eine Zigarre empfiehlt, darf der Kunde sich über eine außergewöhnlich kompetente Beratung freuen. Denn der 1950 geborene Schweizer raucht nicht nur seit seinem 14. Lebensjahr Zigarre, er hat sich auch ausgiebig mit den sensorischen Grundlagen und kulturgeschichtlichen Hintergründen des Zigarrerauchens beschäftigt.

Maximilian Herzog

Herzog, Betreiber dreier Zigarrenhäuser in Berlin, ist promovierter und habilitierter Psychologe. Vor seiner Karriere als Händler beschäftigte er sich mit phänomenologischer Psychologie, beispielsweise in seinem Buch Weltentwürfe, das 1994 im renommierten Verlag de Gruyter erschien. An der Psychologie interessiert Maximilian Herzog vor allem die Sensorik, und innerhalb dieser sind es die sogenannten niederen Sinne des Riechens, Fühlens und Schmeckens, mit denen er sich intensiv auseinandersetzt – und von denen aus sich leicht eine Brücke zum Zigarrerauchen schlagen lässt.

Zigarren Herzog Raucherzimmer

1996 gegründet und im März 1997 eröffnet, bietet Maximilian Herzog in seinem Zigarrenhaus am Berliner Ludwigkirchplatz Puros aller Provenienzen an. Neben einem begehbaren Verkaufshumidor verfügt das Ladenlokal über einen Reiferaum und ein Raucherzimmer. Ein Jahr später eröffnete er die Casa del Habano im Savoy Hotel. Hier werden ausschließlich kubanische Zigarren angeboten, die der Betreiber direkt aus Kuba bezieht. Seit 2008 ergänzt Herzog am Hafen das Ladenportfolio. Am Berliner Osthafen werden in großzügigem Ambiente Havannas nach Alter bzw. Charge verkauft und eine Reihe von Veranstaltungen abgehalten, darunter das alljährliche Hafenfest.

Zigarren Herzog Humidor

2010 für seine Verdienste um den Zigarrenhandel mit dem Titel Hombre del Habano ausgezeichnet, profitieren Herzogs Kunden nicht nur im Laden von seinem Wissen, sondern auch über einen Blog, auf dem er von seinen Südamerikareisen berichtet, sowie durch das bereits im fünften Jahrgang erscheinende Buch Der kleine Herzog. Dem Beispiel des Weinführers von Hugh Johnson folgend, zugleich jedoch auf die spezifische Sensorik der Zigarre Rücksicht nehmend, werden Zigarren darin nach Chargen differenziert und Tabak-Aromen – an die Systematik von Parfumeuren angelehnt – mit einem Farbspektrum beschrieben. Nicht zuletzt das Verfassen seines Zigarrenführers hat Maximilian Herzog dazu veranlasst, sich intensiv mit der Qualität von Zigarren und deren Beschreibbarkeit auseinanderzusetzen. Grund genug für INVENTUR, ihn am Ludwigkirchplatz aufzusuchen und mit ihm über sein Qualitätsverständnis zu sprechen.

Was verstehen Sie unter Qualität?

„Bei der Beurteilung einer karibischen Feuchtzigarre spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, beispielsweise das Aussehen des Deckblatts, die Farbe, der Feuchtigkeitsgehalt, Geruch und Geschmack sowie das Abbrandverhalten. Durch den haptischen Eindruck kommt bei der Zigarre sogar eine Dimension mehr dazu als beim Wein. Keinesfalls unterschätzen darf man das Alter. Häufig werden Zigarren viel zu jung geraucht. Um eine gute Qualität zu gewährleisten, sollten Zigarren in einer unverzierten Kabinettkiste aus Zedernholz lagern.
Zum Rauchen muss man sich Zeit nehmen. Raucht man eine Zigarre zu schnell, wird sie heiß und verliert ihr Aroma. Zigarre kaufen braucht Zeit, Zigarre rauchen braucht noch mehr Zeit. Die Zigarre zwingt in einen bestimmten Rhythmus. Man hängt ihr gewissermaßen nach. Das ist übrigens dem Gespräch sehr förderlich. Und anders als beim Alkoholgenuss wird der Kopf durch das Zigarrerauchen klarer.“

Wie setzen Sie diese Vorstellung in Ihrer Arbeit um?

„Zunächst einmal natürlich durch die Auswahl der Zigarren. Wir verkaufen nur hundertprozentige Tabakprodukte und keine aromatisierten Zigarren. Regelmäßig unterziehen meine Mitarbeiter und ich die Ware einer haptischen Prüfung, um die Anzahl schlecht ziehender Exemplare so gering wie möglich zu halten. In unserer Verkaufsberatung spielt auch die Kulturgeschichte der Zigarre in Europa eine Rolle.
Leider erschwert die deutsche Steuergesetzgebung den Verkauf optimal gereifter Zigarren, da der Preis für eine Zigarre ein für allemal festgelegt ist, man also Lagerzeit nicht draufschlagen kann. Um dieses Manko auszugleichen, bieten wir unseren besten Kunden Lagerraum an oder gehen auf Auktionen im Ausland.“

An welchem Beispiel wird Ihr Qualitätsideal besonders deutlich?

„Als ich mein erstes Geschäft hier am Ludwigkirchplatz plante, rechneten mir Berater vor, wie viel Quadratmeter ich durch ein Raucherzimmer verschenke – das sei nicht rentabel. Diese Leute haben keine Ahnung vom Rauchen! Für mich gehören die Verkostung, Qualitätsprüfung und der Genuss im Raucherzimmer zu einem anspruchsvollen Zigarrenhaus unbedingt dazu.“

Zum Thema Zigarre finden Sie auf INVENTUR auch Artikel über

Eine Liste aller Interviews mit Qualitätsexperten finden Sie im Archiv.

Fotos: © Zigarren Herzog

4. September 2015