Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Die Rückkehr des Reichsrats (von Buhl)

Achtung, ich bin voreingenommen! Denn die Weine aus dem Hause Reichsrat von Buhl haben mich bislang nicht gerade begeistert. Doch neuerdings, nach dem Wechsel des Kellermeisters, wird das Gut plötzlich von vertrauenswürdigen Händlern empfohlen, kriegt enthusiastische Presse und soll sogar mit renommierten Champagnerhäusern in einer Liga spielen. Grund genug, etwas vom Reichsrat zu verkosten.

Reichsrat von Buhl Kieselberg

Steigen wir ein mit einem Riesling aus Erster Lage. Der Deidesheimer Kieselberg aus dem Haus von Buhl (16 Euro) schmeckt wie der Inbegriff des Jahrgangs 2013. Knochentrockenste Säure! Zaghaft kitzeln weiße Blüten und zu früh geerntete Mirabellen die Nase, grüne Zitrone und salziges Mineral legen sich auf die Lippen. Aber der Wein ist noch sehr verschlossen. Man ahnt: Hier wurde sauber gearbeitet. Man spürt: In diesem Wein stecken Struktur und Spannung, hier kann noch viel Energie freigesetzt werden. Freilich wird diesen Wein nur schätzen, wer mit Karl Kraus sagen kann: Gemütlich bin ich selbst.

Reichsrat von Buhl Rieslingsekt

Ein Knüller ist von Buhls trockener Rieslingsekt. Vinifiziert wurde er – wie der Kieselberg – von Mathieu Kauffmann, dem neuem technischen Direktor. Der Elsässer war zuvor in leitender Position bei Bollinger in Epernay tätig und debütierte in Deidesheim im schwierigen Jahr 2013. Wer in den zwei Monaten seit Verkauf des „Erstvergorenen“ die Weinpresse verfolgt hat, kennt die hingerissenen Urteile. Manfred Klimek machte in der Welt den Anfang:

„Der Brut von Buhl riecht und schmeckt nach gerade reif gewordenen Birnen und jungen Aprikosen und verzichtet erfreulicherweise auf jene kleine Note Bitterkeit, die viele deutsche Rieslingsekte als eine Art stilistisches Merkmal prägen. Die Perlage ähnelt einem großen Champagner, sie unterstützt den Wein, bedrängt ihn nicht und will nicht um jeden Preis beleben. Es ist der erste deutsche Rieslingsekt, der ohne Zweifel mit wertvollen Markenchampagnern mithalten kann.“

Und Jürgen Mathäß, für den Gault Millau in der Pfalz unterwegs, folgte ihm fast wörtlich:

„Ein Meilenstein: brillante Klarheit im Aroma, ein Duft von reifen Äpfeln, Birnen und Aprikosen, dazu eine cremig-weiche Brioche-Note, die wir bei Spitzen-Champagnern so schätzen; zartestes, feinstes Säurefinale. Vor allem aber: kein Hauch Bitternis oder bissiger Säure, mit denen uns leider die meisten Riesling-Sekte in die Arme von Burgunder Cuvées treiben.“

Auf 40 bis 50 Euro würde Mathäß diesen Wein schätzen, käme er aus der Champagne. Tatsächlich kostet die Flasche 14,90 Euro. Was ist von dieser Begeisterung zu halten? Ich meine: eine Menge!

Kauffmanns Einstand belegt, welchen Unterschied eine einzelne Person im Keller machen kann, wie viel Potenzial im Rieslingsekt steckt und was für spektakuläre Qualitäten man für kleines Geld in Deutschland bekommen kann. Es wird Spaß machen, diesen schon im Februar wunderbaren Wein im Mai erneut zu verkosten. Auffällig ist freilich auch, dass Kauffmanns Sekt Terroir einstweilen eher über die Rebsorte als über die Stilistik interpretiert. Ich bin gespannt, welche Richtung der Elsässer künftig einschlagen wird. Ein Glücksfall für die Pfalz ist er allemal.

P.S.: Ein sehr lesenswertes Gespräch mit Mathieu Kauffmann findet sich bei Jens Priewe.

Lesen Sie auch die Artikel über Champagner von Egly-Ouriet und alkoholfreie Alternativen zum Schaumwein.

6. Februar 2015