Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Qualität beurteilen (1): Die Kriterien von Quality Magazine

Woran erkennt man gute Qualität? Welche Kriterien helfen dabei, die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu beurteilen? Und wie kann man seinen Sinn für Qualität schulen und das eigene Urteilsvermögen weiterentwickeln? Folge 1: Das Magazin Quality

Eine neue Reihe: Qualität beurteilen

Qualitätswirtschaft ist zentrales Thema von INVENTUR. Neben Artikeln über einzelne Produkte (beispielsweise Weingläser) widmet sich die Interviewreihe Drei Fragen an … dem Thema Qualität, indem sie Menschen befragt, die mit besonderen Ansprüchen an ihre Arbeit herangehen.

Quality
Jetzt kommt eine neue Rubrik hinzu: Von Zeit zu Zeit werfe ich einen Blick auf Zeitschriften, Portale, Veranstaltungen, Unternehmen und Kritiker, die für ein bestimmtes Qualitätsverständnis stehen. An welchen Kriterien orientieren sich ihre Bewertungen? Und wie sind sie ihrerseits zu beurteilen?

Das Magazin Quality

Quality ist eine deutschsprachige Zeitschrift, die sich dem Thema Qualität widmet. Eigenen Angaben zufolge geht der Titel auf das Jahr 1957 zurück, doch wurde das Heft in seiner heutigen Form 2009 von Constantin Rothenburg gegründet, der zuvor bereits den Independent-Titel Qvest ins Leben gerufen hatte. Die ersten Ausgaben brachten Artikel über „Marke und Moral“ und präsentierten Prince Charles als grünen Konservativen. Nach finanziellen Unregelmäßigkeiten und mehreren Eigentümerwechseln ist seit einigen Jahren die Werbe- und Eventmanagerin Susanne Filter in der Position der Chefredakteurin tätig. Der Branchendienst Kress nennt „pyrotechnische Inszenierungen“ als besondere Qualifikationen der Quality-Chefin.

Die Qualitätskriterien von Quality

In seiner Selbstbeschreibung formuliert das Magazin zwei Qualitätskriterien:

Überzeugen diese Anhaltspunkte? Der erste ist rein formal und bleibt damit letztlich leer: Wenn ein Produkt sehr wenig verspricht und dieses Wenige aber hält, ist es dann etwa von guter Qualität? Das zweite Kriterium leuchtet eher von einem Marketing- als von einem Qualitätsstandpunkt aus ein, denn eine interessante Ware muss keineswegs qualitativ hochwertig sein – ein Gag genügt bereits, um dieses Kriterium zu erfüllen.

Neben den ausdrücklich genannten Merkmalen liegt dem Magazin noch ein implizites Qualitätsverständnis zugrunde, das sich seinen Inhalten entnehmen lässt. Was Verrät der ‚content‘ von Quality über Qualität?

Das Durchblättern der Hefte zeigt, dass Quality mit Qualität das sogenannte Exklusive, den Massenluxus, also hochpreisige Markenware verbindet. Das Heft präsentiert teure Uhren und Schmuck, Autos und Einrichtungsgegenstände, Kosmetik, Essen, Reisen, Kulturereignisse und Gadgets nach Art eines Lifestyle Magazins, in eigenen Worten: „Leute, Looks und Lebensart“.

Quality

Die redaktionellen Seiten erinnern an Corporate Publishing und sind von den zahlreichen Anzeigen im Heft kaum zu unterscheiden. Zwar finden sich auch längere Reportagen über Traditionsfirmen, doch fehlt dem Journal eine kritische, tiefere Überlegungen ermöglichende Distanz zu den dargestellten Produkten.

Lifestyle und Luxus

Der „Quality Kosmos“ hat nach Auskunft der Global Q Media AG, zu dem das Magazin gehört, eine eindeutige Ausrichtung: „Leser, Quality und Marken verbinden sich zu einer gemeinsamen Welt der Emotionen und Kommunikation.“ Bedenkt man, wie weit sich ein modernes Luxusverständnis von dieser Art der Markenkommunikation entfernt hat, wirkt das auf Hochglanz getrimmte Qualitätsverständnis von Quality beklemmend antiquiert. Ein Blick in das 2007 von Dana Thomas veröffentlichte Buch Deluxe. How Luxury Lost Its Lustre zeigt, dass hohe Preise und Designerbrands keineswegs Qualitätsgaranten sind. In umfassenden Recherchen fand die renommierte Journalistin heraus, wie zahlreiche Luxusmarken an Material und Verarbeitung sparen, während ihre Produkte immer teurer und immer intensiver beworben werden. Quality fällt hinter diese Informationen zurück und belässt es dabei, Anzeigenkunden auch im redaktionellen Bereich gut dastehen zu lassen. Auf der Suche nach einem überzeugenden Verständnis von Qualität wird man an anderer Stelle suchen müssen.

Von Zeit zu Zeit werfe ich einen Blick auf Zeitschriften, Portale, Veranstaltungen, Unternehmen und Kritiker, die für ein bestimmtes Qualitätsverständnis stehen. An welchen Kriterien orientieren sich ihre Bewertungen? Und wie sind sie ihrerseits zu beurteilen? Folge 2 beschäftigt sich mit dem gesellschaftlichen Trend zur Quantifizierung, Folge 3 mit dem Wahlversprechen Lebensqualität, Folge 4 mit der Initiative Deutsche Manufacturen.

Abbildungen: Round Icons*

29. Juni 2017