Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Zu entdecken: Jules Barbey d’Aurevilly

Fußnoten können den schönsten Text verunzieren; Fußnoten in einer Fußnote verbieten sich ohnehin. Jules Barbey d’Aurevilly dürfte letztere erfunden haben, doch wenn er selbst sie benutzte, tat er dies im vollen Bewusstsein ihrer Lächerlichkeit – und machte sie im Handumdrehen zu einem Beweis seines glänzenden Stils.

Jules Barbey d'Aurevilly

Von 1808 bis 1889 lebte dieser Meister der Nuance, dessen bekanntestes Werk den Mythos vom Dandy in die Welt setzte. Über das Dandytum lässt bis heute zahlreiche Schriften zu diesem Sozialtypus hinter sich und besticht durch Pointiertheit des Gedankens und sprachliche Brillanz. Ein großartiger Essay, der dank der im Verlag Matthes & Seitz mustergültig edierten Ausgabe als bibliophiles Vergnügen zugänglich ist. Damit nicht genug, wächst die von Gernot Krämer neu übersetzte und in Einzelbänden herausgegebene Auswahlreihe Saison für Saison an, wodurch das deutschsprachige Publikum auch zu Barbey d’Aurevillys Aphorismen, seiner Schmähschrift Gegen Goethe sowie zwei Romanen greifen kann. Es sind herrlich gemachte Bücher: aus festem Papier, mit Lesebändchen, erhellendem Apparat, klug ausgewählten Begleittexten und Abbildungen. Am besten im bequemen Fauteuil bei Rauchwerk und Rotwein zu genießen. Aber auch unterwegs eine willkommene Gelegenheit, alle Gadgets beiseite zu legen und in die wunderbare Welt des Papiers und der geistreichen Ansichten einzutauchen.

Porträt: Wikimedia Commons

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20. Februar 2015