Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Me, My Shelf and I: Moebel Horzon, Berlin

Allen, die sich nach der Lektüre von Rafael Horzons autobiografischem Buch Das weiße Buch fragen, wie es um die Wirklichkeit der darin erzählten Ereignisse bestellt ist, sei aus eigenem Erleben versichert, dass es die von Horzon gegründete Galerie Berlintokyo tatsächlich gab, in der Wissenschaftsakademie Berlin lehrreiche Veranstaltungen stattfanden und nicht wenige Menschen ihre Bücher in Horzons Regalsystem Modern aufbewahren. Auch der Mann selbst existiert, wie seine gestern an der Universität Hildesheim gehaltene Gastvorlesung Was ist Wanddekoration? bewies.

Horzon

Die Website des 1970 in Hamburg geborenen Unternehmers verzweigt sich in 15 Teilbereiche, darunter die in der Berliner Torstraße ansässige Firma Moebel Horzon, deren Regale sich als ebenso erschwingliche wie attraktive Alternative zwischen IKEA und Vitsoe etabliert haben. Der Inhaber beschreibt das von ihm angebotene, radikal reduzierte Regalsystem folgendermaßen:

„Die MOEBEL HORZON Regale werden in vier verschiedenen Materialien gefertigt und sind äusserst formschön.“

Die Nähe Horzons zum kulturellen Leben von Berlin-Mitte schlägt sich beispielsweise in einem Video mit der kanadischen Electroclash-Sängerin Peaches nieder, das den Titel „Me, My Shelf and I“ trägt:

Wer sich mit dem Berlin der 1990er und frühen 2000er Jahre beschäftigen will, findet in Horzons Buch eine aufschlußreiche Quelle. Die ihm eigene Mischung aus nüchterner Darstellung und schelmenhafter Übertreibung eröffnet am Ende mehr Erkenntnis als vorschnelle Einordnungen in das Kunstsystem. Es sei ein Buch, urteilte die Süddeutsche Zeitung, „nach dessen Lektüre das ganze Leben leichter wirkt“. Auf Seite 214 bringt der Erzähler auf den Punkt, worum es ihm zu tun ist:

„Das ist ungefähr mein Beruf: Interessante Dinge tun, die keine Kunst sind.“

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20. November 2015