Der Blog von Dirk Hohnsträter
Newsletter

Eine Dienstreise oder Warum es Airbnb gibt

Eine Dienstreise steht an. Das bedeutet: Zug buchen, Zimmer buchen, in Vorleistung gehen, auf Erstattung warten. Und es bedeutet: Ein Hotel zu finden, dessen Zimmerpreise dem Rahmen des Bundesreisekostengesetzes entsprechen. 60 Euro pro Übernachtung sieht es vor; 64,80 Euro pro Übernachtung mit Frühstück. Benötigt man mehr, wird es kompliziert.

Eine Dienstreise in die Provinz

Die Dienstreise geht in die niedersächsische Provinz. Die Veranstalter haben die Konferenz gut organisiert und eine Liste mit zehn Hotels und Gasthäusern geschickt. Nur ein einziges befindet sich mit der Preisangabe „ab 57 Euro exkl. Frühstück“ im Rahmen des Reisekostengesetzes. Es ist aber bereits ausgebucht. Mit einigen Hotels konnten die Veranstalter Kontingente zu ermäßigten Tarifen vereinbaren. Sie beginnen bei 72 Euro.

Darauf gefasst, einen höheren Preis zahlen zu müssen, klicke ich die Links durch. Vermeidet man die gehobene Preisklasse, bietet sich das erwartbare, in vielen Jahren auf Dienstreisen immer wieder bestätigte Bild: schlecht gealterte Lobbys, trostlose Zimmer, lieblose Frühstückbuffets. Blickt man auf die im Internet zugänglichen Bewertungen, verdichtet sich der Eindruck, für viel Geld wenig Leistung zu bekommen. Unterbringungen der mittleren Preisklasse bedeuten mit großer Zuverlässigkeit Straßenlärm, hellhörige Zimmer, Küchengerüche und unkontrollierbare Klimaanlagen, deprimierende Teppichbodenmuster, riesige Fernseher und winzige Schreibtische, ein Sammelsurium obskurer Draht- und Plastikbügel, durchgelegene Matratzen, verschimmelte Duschvorhänge, wackliges W-Lan, Tischmülleimer und schlechten Kaffee. Charmante Ausnahmen sind sehr schwer zu finden. Blickt man auf die einschlägigen Buchungsportale, präsentiert sich Deutschland als ein Land ohne Lebensart, das unterhalb der Luxusklasse nur die Wahl gibt zwischen ranzigen Pensionen, funktionalen Businessobjekten mit Marmorimitat im Minibad und sich künstlerisch-kreativ gebenden Bed-and-Breakfasts, die wie ein Sammelsurium aus IKEA-Katalogen der 1990er Jahre anmuten.

Airbnb und die Dienstreise

Und das ist der Moment, indem man zum ersten Mal die Website von Airbnb aufruft. Ein Traum von einem Interface bietet sich dar. Die Nutzerführung gleicht einem angenehmen Flow, beinahe wie auf einer gelungene Reise selbst. Ich buche. Das Quartier ist günstiger als alle anderen Angebote auf der Veranstalterliste – und in fast jeder Hinsicht ansprechender ausgestattet. airbnb ist in die Kritik geraten, und dies nicht zu Unrecht. Es erzeugt Schieflagen auf dem Mietmarkt, die niemand wünschen kann und die politisch begrenzt werden müssen. Es organisiert auch keine wunderbare neue Welt des Teilens, sondern ein Geschäft unter Besitzenden. Aber es ist eben auch ein Angebot, das nachgefragt wird, weil ein Markt ‚broken‘ ist.

Dienstreise Airbnb

Airbnb vermittelt keine Zimmer, sondern es verkauft Erleichterung. Die Erleichterung, unterwegs nicht wählen zu müssen zwischen absurdem Luxus und scheußlicher Unterbringung.

Lesen Sie weitere Artikel über Unterbringung auf Reisen:

Logo ©: Airbnb

9. Oktober 2015