Erinnerungsstücke (3): Eine alte Bahnfahrkarte
Wer das Bahnmuseum in Neustadt an der Weinstraße besucht, bekommt eine originelle Eintrittskarte ausgehändigt. Sie hat die Form einer alten Bahnfahrkarte und verwandelt ihren Besitzer umgehend in einen Nostalgiker. Denn wer würde – ein gewisses Alter vorausgesetzt – sich beim Befühlen dieser festen, kleinen Pappkarte nicht an die Fahrkarten erinnert fühlen, die die Bahn ausgab, als es noch einen Bundespostminister gab? Wie reizlos erscheinen dagegen die heutigen DIN-A-4-Ausdrucke mit ihren endlosen Nutzungshinweisen, falschen Wasserzeichen und Kreditkartenzahlungsdaten. Dann doch lieber ein handliches Handyticket.
Ist es nicht herrlich, dass dieses winzige, wunderbar kontorfarbene und beim Fallenlassen eigentümlich hohl klimpernde Kärtchen dazu berechtigte, die imposantesten Kopfbahnhöfe, Expresszüge voller Erzählungen und alteuropäisch quietschende Trambahnen zu benutzen? Die Solidität des Billets kompensiert seine Winzigkeit, und die Amtlichkeit seines Aufdrucks ruft nach einer Entwerterzange alten Typs. Das Neustädter Museum muss die alten Bahnfahrkarten aus der Schweiz beziehen, denn in Deutschland werden sie nicht mehr hergestellt. Haben wir es nicht immer gewusst, dass die Welt in unserem neutralen Nachbarland noch in Ordnung ist?
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3. Juni 2016