Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Acht Wege, ein glücklicherer Konsument zu werden (5)

Empfehlung Nummer fünf der Experten wirkt in einem Zeitalter immer effizienterer Logistik und erweiterter Kreditrahmen geradezu altmodisch.

Regel 5: Verzögere den Konsum. Zahle jetzt, genieße später

Doch Gilbert et al. argumentieren, der „shift toward immediate enjoyment and delayed payment“ unterlaufe Konsumentenzufriedenheit gleich in doppelter Weise. Zum einen verführe sie zu kurzfristigem Denken (etwa in Form von Verschuldung und mangelnder Altersvorsorge), zum anderen stehe sie einer bedeutenden Glücksquelle im Weg – der Vorfreude.

„The person who buys a cookie and eats it right away may get X units of pleasure from it, but the person who saves the cookie until later gets X units of pleasure when it is eventually eaten plus all the additional pleasure of looking forward to the event.“

Vorfreude habe sogar auch dann positive Auswirkungen, wenn das betreffende Ereignis selbst gar nicht so großartig ausfalle wie erhofft. Zudem zeitigere sie stärkere Glückseffekte als die Erinnerung.

Doch nicht nur der „benefit of anticipation“ spreche für verzögerten Verbrauch. Sofortiger Konsum sei häufig ’schlechter‘ Konsum, der zwar – wie das klassische Beispiel des Fast Food zeige – rasch befriedige, aber langfristig schade. Schließlich könne die Ungewissheit, die verzögerter Konsum mit sich bringe, Abnutzungseffekte verringern:

„Before purchasing a product, consumers generally face some degree of uncertainty about which product they will select, what it will be like, and how they will use it. This uncertainty may help to counteract the process of adaptation by keeping attention focused on the product.“

Im fünften Abschnitt ihres Aufsatzes präsentieren Gilbert und seine Kollegen überdurchschnittlich viele Belegstudien und Argumente. Mit ihrem Plädoyer für „deferred gratification“ befinden sich die Psychologen offenbar auf gut erforschtem Terrain.

Verzögere

Natürlich lassen sich Gegengründe finden: Da niemand weiss, wie lange und in welcher Verfassung er leben wird, ist es ratsam, den Tag zu pflücken – auch als Konsument. Und wer wollte bestreiten, dass zu starke Geduldsproben das Wohlbefinden beeinträchtigen können? Im Kern aber wird man dem fünften Ratschlag kaum widersprechen können. Denn bei der Einsicht, dass Vorfreude die schönste Freude ist, handelt es sich nicht nur eine uralte Weisheit, sondern auch ein erfrischendes Antidot zur Sofortmentalität unserer Gegenwart. Es ist kein Zufall, dass Qualitätsanbieter wie Hermès ihren Kundinnen für bestimmte, besonders teure Handtaschen sehr lange Wartezeiten zumuten. Sie sind Teil des Erlebnisses, für das bezahlt wird.

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Eine Sonderseite zum Thema Konsum, Glück, Wohlbefinden und Zufriedenheit finden Sie hier.

Abbildung: Round Icons*

5. März 2014