Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wein – Die große Schule: Ein Buch von Jens Priewe

Wein ist ein Angstthema, ein Distinktionsvehikel – und Inbegriff von Genuss und Lebensqualität. Jetzt hat der renommierte Weinexperte Jens Priewe sein als Standardwerk gepriesenes Buch Wein – Die Große Schule in überarbeiteter Fassung neu herausgebracht. Lohnt sich die Lektüre?

Der Weinkenner Jens Priewe

Jens Priewe ist ein seit 1991 auf Wein spezialisierter Journalist, der eine Reihe einschlägiger Weinbücher verfasst hat, regelmäßig für das Feinschmecker-Magazin schreibt und die Website weinkenner.de betreibt. Der promovierte Geisteswissenschaftler lebt in München.

Weinkenner Jens Priewe

Ich gebe gerne zu, dass ich Priewe unter den deutschsprachigen Weinkritikern neben Paula Bosch am meisten schätze. Das liegt zum einen daran, dass seine Weinbeschreibungen von beeindruckender Klarheit und Zugänglichkeit sind. Was er schreibt, lässt sich tatsächlich nachschmecken. Zum anderen teile ich Priewes stilistische Vorlieben, seinen Sinn für kühle, mineralische Tropfen und bin daher in vielen Fällen geneigt, seinem Urteil zu folgen. Schließlich ist er sowohl ein exzellenter Kenner der Weinwelt als auch ein dem Genuss unverkünstelt zugewandter Autor. Von einem neuerdings erhobenen prolligen Ton im Weinjournalismus ist er ebenso weit entfernt wie von vornehmem Getue. Er schreibt ganz einfach kompetent und lesbar und ist ein Mensch, mit dem man gerne einen Weinabend verbrächte.

Jens Priewe: Wein – Die große Schule

Wein – Die große Schule ist ein umfassend angelegtes Werk, das 1997 zum ersten Mal erschien und kaum ein weinbezogenes Thema ausspart: von der Weinerzeugung bis zum Weingenuss. Knapp die Hälfte des großformatigen Buches widmet sich den Weinregionen der Welt. Die ursprüngliche Ausgabe wurde in fünf Sprachen übersetzt und über 300 000 Mal verkauft. Sieben Monate hat Priewe nach eigenen Angaben an der Überarbeitung des unterdessen zwanzig Jahre alten Werkes gearbeitet; jetzt liegt es vor.

Jens Priewe Wein - Die große Schule

Priewes Schreibweise macht Wein – Die große Schule ebenso zu einer angenehmen Lektüre wie die großzügige Bebilderung und der abwechslungsreiche Aufbau. Unterkapitel umfassen in der Regel eine Doppelseite; das Wissen wird also gleichsam schluckweise geliefert und ist entsprechend leicht aufzunehmen. Das Buch beantwortet häufig gestellte Fragen und zeigt Hintergründe auf, die es verdienen, in die Wahrnehmung gerückt zu werden. Wer es gelesen hat, ist nicht nur grundlegend informiert, sondern auch mit praktischem Weinwissen und konkreten Empfehlungen ausgestattet.

Die wichtigste Botschaft dieses Buches lautet, dass Wein ein Qualitätsthema ist. Zum Weingenuss braucht es nicht viel, dieses Wenige sollte aber mit Bedacht gewählt werden. Das beginnt bereits beim Anbau:

„Nur wenige Grundsätze gelten im Weinbau so uneingeschränkt wie das Menge-Güte-Gesetz. Es besagt, dass die Qualität des Weins umgekehrt proportional zur Menge der Trauben steigt, die am Rebstock hängen. Ertragsbegrenzung ist für den Qualitätsweinbau deshalb ein hohes Gut.“

Bedeutet diese Einsicht auch, dass gute Weine für kleines Geld nicht zu haben sind? In wenigen Sätzen fasst Priewe zusammen, was man über Weinpreise wissen muss, um kompetent urteilen zu können:

„Spitzenweine sind zwar meist teuer, aber teure Weine sind nicht immer Spitzenweine. Auch 5-Euro-Weine können, wenn man sie beim Winzer kauft, gut sein. Bleibende Erlebnisse bieten sie nicht. Alles, was weniger kostet, kommt von der Resterampe. Glas, Kapsel, Etikett, Korken oder Schrauber kosten allein rund 1 Euro. Dazu kommen Transport, Zwischenhändler, Marge und Mehrwertsteuer. Der Inhalt einer Flasche zu 2,95 Euro kann dann nur 50 Cent wert sein. Weine, die ein Minimum an Qualität aufweisen, kosten wenigstens 7,90 Euro.“

Lohnt sich die Lektüre? Für Neueinsteiger eignet sich Wein – Die große Schule bestens. Sie lernen beispielsweise, was es mit Extrakt und Tanninen auf sich hat oder warum aus roten Beeren Weißwein gewonnen werden kann. Erfahrenen Weintrinkern hilft das Buch, ihr Wissen auf den neuesten Stand zu bringen und Lücken zu schließen. Wer weiß schon wirklich, was die verschiedenen Öko-Zertifizierungen auf Weinetiketten bedeuten? Wer, welche Auswirkungen die Klimaerwärmung auf den Weinbau hat? Und für Anfänger wie Connaisseure gleichermaßen gilt, dass man dieses Buch nicht durchblättern kann, ohne Lust auf Entdeckungen in den Weiten der Weinwelt zu bekommen.

Jens Priewe: Wein – Die große Schule. München: ZS Verlag 2017.

Mehr über Wein finden Sie im Archiv.

Autorenfoto: © Michael Schinharls

22. Februar 2018