Der Blog von Dirk Hohnsträter
Newsletter

Wortwörtlich (16): Einbahnstraße

1928 veröffentlicht Walter Benjamin unter dem Titel Einbahnstraße eine Sammlung von Kurztexten. Vergleichbar mit Ernst Blochs Spuren (1930) und Theodor W. Adornos Minima Moralia (1951), handelt es sich um sein erstes und zu Lebzeiten einziges literarisches Buch. Es zeugt vom Bemühen Benjamins, sich nach dem Scheitern seiner akademischen Karriere als freier Autor zu etablieren. Auffällig ist der häufige Ausgang von Alltagswahrnehmungen. Zahlreiche Überschriften wie z.B. „Bürobedarf“ oder „Stückgut: Spedition und Verpackung“ zeugen von der warenwirtschaftlichen Moderne, die Benjamin analysiert. Bei fünf Titeln handelt es sich um Komposita mit dem Element „Waren“, so auch beim Text „Galanteriewaren“, aus dem diese auf das Lesen und das Schreiben bezogenen Zitate stammen:

„Als ein geschätzter, kultivierter und eleganter Freund mir sein neues Buch übersandte, überraschte ich mich dabei, wie ich, im Begriff es zu öffnen, meine Krawatte zurecht rückte.
(…)
Wenn der Zigarettenrauch in der Spitze und die Tinte im Füllhalter gleich leichten Zug hätten, dann wäre ich im Arkadien meiner Schriftstellerei.“

Quelle: Walter Benjamin: Einbahnstraße / Berliner Kindheit um Neunzehnhundert. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 2011, S. 39. 8 Euro.

21. Juli 2014