Der Blog von Dirk Hohnsträter
Newsletter

Wortwörtlich (40): Absolventinnen

Michel Houellebecqs neuer Roman Unterwerfung, dessen deutschsprachige Übersetzung am Wochenende auf den Markt kam, ist weniger eine Auseinandersetzung mit dem Islamismus als mit einer müden Spätmoderne, deren Intellektuelle zur Selbstaufgabe bereit sind. Entsprechend schonungslos fällt die Darstellung von Milieu und Figuren aus. So gibt sich der Protagonist, ein Literaturwissenschaftler, keinen Illusionen über die Berufschancen seiner Absolventinnen hin:

„Ein junges Mädchen, das sich als Verkäuferin bei Céline oder Hermès bewirbt, muss selbstverständlich und in allererster Linie gepflegt auftreten; ein Abschluss in Literaturwissenschaften kann ein zusätzlicher Pluspunkt sein, dem Arbeitgeber wird eine gewisse mentale Beweglichkeit garantiert, die die Möglichkeit weiterer Karriereschritte nicht ausschließt, wo ansonsten keine brauchbaren Kompetenzen vorhanden sind – außerdem ist die Literatur in der Industrie der Luxusgüter seit jeher positiv konnotiert.“

Quelle: Michel Houellebecq: Unterwerfung. Aus dem Französischen von Norma Cassau und Bernd Wilczek. DuMont Buchverlag Köln 2015, S. 14.

19. Januar 2015