Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (62): Anthropologie

Der Kunstwissenschaftler Wolfgang Ullrich hat früh damit begonnen, eine von vornherein konsumkritische Haltung gegenüber der Welt der Waren zugunsten eines unbefangeneren und differenzierteren Blicks hinter sich zu lassen. Bis ins konkrete Beispiel hinein nimmt er sein Thema ernst und verbindet Neugier und „Umdeutungslust“ mit gut lesbarer Sprache und ausgewogener Argumentation. Von jemandem, der keine Scheu vor der Frage hat, was das Marketing von Adorno lernen könnte, überrascht auch die Aussage nicht, Unternehmen seien Universitäten heute nicht selten eine Gedankenlänge voraus:

„Viele Erkenntnisse über den Menschen werden erst im Zuge von Marktuntersuchungen oder bei der Analyse des Konsumentenverhaltens gewonnen. (…) Die Konsumgesellschaft ist damit zu einem wichtigen Motor der Erforschung des Menschen geworden. Marktforschung ist die neue Version der Anthropologie.“

Quelle: Wolfgang Ullrich: Habenwollen. Wie funktioniert die Konsumkultur? Frankfurt am Main 2006, S. 15 & 121.

22. Juni 2015