Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (66): Autorschaft

Eva Menasses Essaysammlung Lieber aufgeregt als abgeklärt ist intelligent, menschlich, beobachtungsstark – und gut geschrieben. Einerlei, ob ihre Texte politische, literarische oder biografische Themen aufgreifen, der in Berlin lebenden Wienerin gelingt es, auf nuancierte Weise Position zu beziehen. So stellt sich schon nach wenigen Seiten eine Klarheit ein, die im alltäglichen Rauschen der Meinungen und sich überschlagenden Neuigkeiten verloren schien. In ihrer Dankesrede zum Heinrich-Böll-Preis bringt Menasse ihre Auffassung von Autorschaft auf den Punkt:

„Wir sind komische Käuze in stillen Kammern, wir verweigern uns der Hochgeschwindigkeit der Geschäftswelt, dem absurden Postulat der Schwarmintelligenz, der vermeintlichen Alternativlosigkeit einer Hundertschaft von gefährlichen Entwicklungen. Wir nehmen uns viel Zeit für seltsame, altmodische Gedanken. Wir haben und brauchen Abstand. Genau das ist unsere Expertise, die Voraussetzung für einen anderen, hoffentlich freieren Blick.“

Quelle: Eva Menasse: Lieber aufgeregt als abgeklärt. Essays. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2015, S. 19.

20. Juli 2015