Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (78): Industrienahrung

Kaum jemand will wissen, welche Vorgänge sich bis zum fertigen Lebensmittel abspielen. Hinzu kommt, wie ein Artikel aus dem bereits vergangene Woche zitierten, äußerst lehrreichen Ernährungs-Feuilleton der FAZ belegt, eine systematische, legale Irreführung am Point of Sale. Abbildungen und Namen auf Verpackungen wecken Erwartungen, denen die Produkte nicht entsprechen. So erfahren wir, dass Currywurst nach dem Lebensmittelgesetz nur einen Fleischanteil von vier Prozent aufweisen muss und nach dem Reinheitsgebot gebrautes Bier „Asbest, Blausäure und den Kunststoff Polyvinylpolypyrrolidon enthalten (darf), die bei der Filtrierung und als Vorratsschutzmittel eingesetzt“ werden. Lässt man sich einmal auf die Beispiele ein, verliert man jedes Vertrauen in Nahrungsmittelbranche und Gesetzgeber:

„So kommt Zitronenlimonade trotz der auf dem Etikett abgebildeten Früchte ohne einen Tropfen Zitronensaft aus. Stattdessen imitiert die zahnschädigende Citronensäure den Geschmack. Ähnlich ist es bei Kakaocreme, die nur zu 2,5 Prozent aus Kakao bestehen muss.“

Und weiter:

„Kalbsleberwurst etwa darf bis zu einem Anteil von vierundvierzig Prozent aus Schweinefleisch bestehen, Seelachssalat kommt sogar ganz ohne Lachs aus und wird aus Pollack hergestellt, einer günstigen Dorschart, die eingefärbt wird, um den Verbraucher im Glauben zu lassen, besten Fisch auf dem Teller zu haben. Auch für Sardellenpaste gibt es keine Vorgabe, wie viele Sardellen mindestens enthalten sein müssen.“

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 228 vom 1. Oktober 2015, S. 13

12. Oktober 2015