Der Blog von Dirk Hohnsträter
Newsletter

RSS: Really Sexy Syndication

RSS – hinter dieser sperrigen Abkürzung verbirgt sich eine einfach zu nutzende Technologie, die den Eigensinn des Internets am Leben hält.

RSS

Unter RSS (Really Simple Syndication) versteht man eine Technologie, die – einem Nachrichtenticker vergleichbar – aktuelle Webinhalte unkompliziert abruft und aufbereitet. Wer einen RSS-Feed abonniert, kann die gewünschten Informationen beziehen, ohne sich dafür bei der Quelle registrieren zu müssen. In verschiedenen Fassungen existiert RSS seit 1999. Es wurde vor allem durch Weblogs populär, denn mit Hilfe dieses Formats kann eine Fülle von Blogs beobachtet werden, ohne auf den jeweiligen Websites eigens nach Aktualisierungen schauen zu müssen.

Als Google Anfang Juli 2013 seinen weit verbreiteten RSS-Dienst einstellte, sorgte diese Entscheidung für einen Schock unter den zahlreichen Nutzern. Bald jedoch stellte sie sich als Anstoß zu einer überraschenden Renaissance des Formats heraus, denn eine Vielzahl von Alternativen trat an die Stelle des Google Readers.

Es war ein exemplarischer Moment. Die Netzgemeinschaft erlebte, was es bedeutet, sich von einem Monopolisten abhängig zu machen, der seine Geschäftspolitik von einem Tag auf den nächsten ändern kann. Ein freieres, fast schon verloren geglaubtes Verständnis des Internets gelangte zu neuer Lebendigkeit.

Softwareentwickler Marco Arment hat den Reader in einem Nachruf auf geradezu poetische Weise charakterisiert:

„I’ve heard from multiple sources that it effectively had a staff of zero for years. It was just running, quietly serving a vital role for a lot of people.
This is how RSS (…) always worked: you put in some effort up front to get the system built, and in most instances, you never need to touch it. It just hums along, immune to redesigns, changing APIs, web-development trends, and slash-and-burn executives on ’sunsetting‘ sprees.“

Arment sieht die Bedeutung von RSS darin, dass es plattformübergreifend funktionert,

„but the big players don’t want that – they want to lock you in, shut out competitors, and make a service (…) proprietary“

Facebook steht genau dafür. Sämtliche Datenströme eines Nutzers, von persönlicher Kommunikation bis zum Empfang der Weltnachrichten, sollen über dieses eine Netzwerk laufen – ein geschlossenes Netzwerk, in das nur einspeisen kann, wer auch registriert ist und welches das Layout, das Einfügen von Anzeigen und das Abschöpfen der Daten kontrolliert. Arment:

„Google Reader is just the latest casualty of the war that Facebook started, seemingly accidentally: the battle to own everything.“

RSS ist anders: offen, plattformunabhängig, weit weniger leicht zu überwachen und niemandes Besitz. Jederzeit sind neue Anwendungen auf dieser Basis möglich – gegen Monopolisten. Gewiss, wer cloud-basierte Reader wie z.B. Feedly benutzt, die zwischen stationären und mobilen Endgeräten synchronisieren können, gibt auch mit RSS das eigene Leseprofil aus der Hand. Doch Open Source Projekte wie beispielsweise Vienna ermöglichen auch weiterhin unbeobachtetes Lesen.

So bleibt RSS ein robustes, nur vermeintlich antiquiertes Element aus einer Zeit, als das World Wide Web vor allem für eines stand: einen starken Begriff von Freiheit.

P.S.: Um INVENTUR via RSS zu beziehen genügt ein Klick auf diesen Link.

Abbildung: Round Icons*

Lesen Sie auch den Artikel über Feedreader.

13. Dezember 2013