Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Selbständig in der Kreativwirtschaft. Paul Jarvis‘ E-Kurse

In der Kreativwirtschaft, unter Kulturschaffenden und im akademischen Betrieb ist eine prekäre Existenz keine Seltenheit, aber auch etablierte Freiberufler im Kulturbetrieb wissen oftmals nicht, wie sie ihre Arbeitsweise professionalisieren und damit ihre Chancen verbessern können. In diesem Artikel stelle ich drei Online-Kurse des kanadischen Webdesigners und Autors Paul Jarvis vor, die sich an Selbständige im Kreativbereich richten und Abhilfe versprechen. Ich habe sie absolviert, und sie haben meine Vorstellung von Marketing verändert, dafür gesorgt, dass die Zahl meiner Newsletterabonnenten innerhalb von drei Monaten um über 50% anstieg und mir mehr Geld eingebracht, als ich dafür ausgegeben habe. Ein Erfahrungsbericht.

Warum Online-Kurse besuchen?

Ich habe viele Jahre erfolgreich als freier Rundfunkjournalist, Texter und Buchautor gearbeitet und an einem halben Dutzend Hochschulen im In- und Ausland unterrichtet. Warum sollte ich Geld für Online-Kurse über Selbständigkeit ausgeben? Die Antwort ist eine doppelte: zum einen, weil diese Kurse ein Wissen vermitteln, das aus Jahrzehnten der Praxiserfahrung stammt und im akademischen Curriculum zu kurz kommt, zum andern aus Interesse daran, wie ein kommerziell erfolgreiches E-Learning Angebot gemacht ist und was sich daraus für die eigene Arbeits- und Lehrpraxis lernen lässt.

Der Besuch der Kurse hat sich als eine intensive Erfahrung erwiesen, die sich deutlich von der Lektüre einschlägiger Bücher zu einem Thema unterscheidet. Bereits die Tatsache, dass man im Vergleich zu einem Buch viel Geld dafür ausgibt, erhöht die Wertschätzung des Angebots und den Ernst, mit dem man es wahrnimmt. Hinzu kommt, dass die Vielfalt der eingesetzten Mittel (Videos, Audios, Texte, Arbeitsblätter, Slack Groups, Crowdcasts, E-Mails) und das erstklassige Design der Kurse die Lernerfahrung abwechslungsreich und motivierend machen.

Viele Inhalte mögen selbstverständlich sein, doch die klare Strukturierung der Kurse und die Autorität des Kursleiters geben ihnen Wert; oftmals hebt eine Lektion ein Wissen ins Bewusstsein, das bereits in einem schlummerte, aber noch nicht vergegenwärtigt, reflektiert und in Handlung umgesetzt worden war.

Beim Besuch eines Lernangebots im Ratgeberstil schwingt natürlich stets die Frage mit, ob es sich letztlich bloß um ein angenehmes Unterhaltungsformat handelt, bei dem man gerne dem wohltuenden Sound eines Gurus lauscht, das aber im Grunde genommen banal ist und folgenlos bleibt. Schnell kann man sich im Netz darin verlieren, immer neue Angebote zu entdecken, bietet doch vor allem der englischsprachige Markt Experten für jede Lebensfrage, von der Selbstfindung über das Zeitmanagement bis zum raschen Reichwerden. Dagegen hilft nur, nicht der Illusion zu erliegen, das bloße Kaufen eines Produktes bringe das eigene Leben bereits auf eine andere Spur – und bei der Wahl des Angebots darauf zu achten, ob der Anbieter diese Falle selbst reflektiert und welche Erfolgsbeispiele er vorzuweisen hat.

Wer ist Paul Jarvis?

Paul Jarvis ist ein kanadischer Webdesigner und Autor, der eine sehr spezifische Nische besetzt: Er bringt Intellektuellen und Kreativen bei, was sie am meisten hassen: Business, Marketing und Skalierung. Und er bringt es ihnen auf eine Weise bei, die nicht dazu führt, dass sie sich verbiegen müssen. Jarvis hat über 10 000 Kursteilnehmer unterrichtet; sein Newsletter erreicht mehr 30 000 Abonnenten. Er ist der Reflektierte unter den Ratgeberautoren, seine Empfehlungen sind klar und handlungsorientiert – und er hat Humor.

Paul Jarvis

Die Attraktivität von Paul Jarvis‘ Angeboten liegt nicht zuletzt in dem Geschäfts- und Lebensmodell, das er verkörpert. Es besteht darin, jeden einzelnen Aspekt von Selbständigkeit und kreativem Schaffen qualitativ aufzufassen, selbst so zahlenbezogene Bereiche wie Preisgestaltung und Skalierung. Beispielsweise widmet sich die dritte Lektion des Grow Your Audience Kurses der Ethik des Marketing, und man wird in dicken Lehrbüchern kaum Besseres dazu finden als in diesem siebenminütigen Video. Danach hat auch der hartnäckigste Kulturkritiker kapiert, dass Marketing keine Psychotaktik falscher Versprechen sein muss.

Da er nicht theoretische Programme, sondern praxiserprobte Prozesse anbietet, erspart Jarvis seinen Kursteilnehmern Umwege und Fehler, die er im Laufe seiner Karriere gemacht hat und vermittelt Praktiken, die er selbst tagtäglich anwendet. Als Teilnehmer erlebt man während der Kurse sogar bestimmte Abläufe gleichsam in Echtzeit, beispielsweise automatisierte E-Mail-Sequenzen oder einen konsistenten Stil der Kommunikation mit Klienten. So kann man über bloßes Zurkenntnisnehmen hinaus sich dabei beobachten, wie die unterrichteten Techniken bei einem selbst ankommen.

Im Grunde genommen verkauft Paul Jarvis nichts, was er nicht in allgemeinerer Form zuvor bereits publiziert hätte. Die Kurse sind lediglich eine klar strukturierte, sinnvoll kompilierte, in Erlebnisform dargebrachte, um Kommunikationsangebote erweiterte und vor allem konkret anwendbare Variante eines nicht-proprietären Wissens. Das ist vielleicht das verblüffendste Merkmal der digitalen Wirtschaft: Ihre besten Akteure verteilen Wissen freigiebig, schaffen dadurch Vertrauen und machen ihr Geld dann mit anwendungsbezogener Aufbereitung und einzelfallbezogener Beratung.

Es gibt kein Herrschaftswissen hinter den Kursinhalten, das nicht einmal in den Kursen selbst verraten würde, an dem der Erfolg jedoch letztlich hinge. Vielmehr legt Jarvis einfach seinen eigenen Arbeitsprozess (und den ähnlich Vorgehender) auf eine Weise frei, die anschlussfähig ist für Menschen in zahlreichen Kreativ- und Kulturberufen, aber auch im akademischen Betrieb. Das Design der ursprünglichen Form seiner Creative Class war so gut, dass die E-Learning-Plattform Teachery es übernahm. Gibt es offene Fragen, beantwortet Jarvis diese in regelmäßigen Crowdcast-Sessions oder per E-Mail. Ich habe diese Möglichkeit mehrfach genutzt und dabei manche Unsicherheit bezüglich meines Blogs ausräumen können.

Paul Jarvis‘ Creative Class: Selbständigkeit professionalisieren

Creative Class ist Paul Jarvis’s größter Erfolg und auch mein Favorit unter seinen Kursen. Ich kann mir keine ergiebigere Anleitung für selbständiges Arbeiten vorstellen als diese 15 Lektionen. Von der Entwicklung einer professionellen Einstellung über die Gewinnung von Kunden und die Gestaltung eines Portfolios bis zur richtigen Preisfindung und der Einrichtung von Prozessen, die funktionieren und vor Selbstausbeutung schützen enthält der Kurs erprobtes Wissen, anwendungsbezogen aufbereitet.

Paul Jarvis Creative Class

Was hat mir Creative Class gebracht?

Creative Class hat nicht nur dazu beigetragen, meine Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten, sondern mir weit mehr Geld eingebracht als die 274 Dollar, die der Kurs kostet. Gerade im deutschen Kultur- und Wissenschaftsbetrieb ist die Haltung verbreitet, man solle als Autor oder Vortragender dankbar sein, überhaupt angefragt zu werden. Die Lektion über „Pricing“ hat mich ermutigt, nicht länger ‚for exposure‘ zu arbeiten und mir Techniken an die Hand gegeben, Honorare selbstbewusster zu verhandeln. Auf diese Weise habe ich nicht nur die Kursgebühr nach kurzer Zeit wieder eingespielt, sondern Einnahmen erwirtschaftet, die ich ohne das Absolvieren der Creative Class nicht gehabt hätte.

Paul Jarvis‘ Kurse kann man jederzeit, so oft wie man will und nach dem eigenen Tempo absolvieren. Allerdings ist der Kauf nur während bestimmter Zeitfenster im Jahr möglich. Wer möchte, kann sich unverbindlich auf eine Warteliste setzen lassen. Dann erhält man eine Benachrichtigung, wenn der Kurs wieder öffnet.

Paul Jarvis‘ Grow Your Audience: Marketing verstehen, Publikum erweitern

Grow Your Audience rückt die Vorstellung zurecht, Marketing müsse zwangsläufig „the icky, selly, forceful bullshit that industry thought-leaders preach at you on blogs“ sein. Der Kurs wendet sich an Selbständige, die mehr Publikum auf ihre Website bringen, die Zahl ihrer Newsletterabonnenten erhöhen und die sogenannte conversion rate steigern möchten. Zudem widmet sich der Kurs einer erfolgreichen Produktlancierung. In 23 Lektionen korrigiert er ein falsches Verständnis von Marketing und kuriert Blockaden, die viele Kulturschaffende von einem professionellen Auftritt abhalten.

Screenshot von Grow Your Audience

Wer beispielsweise die achtminütige Lektion über Suchmaschinenoptimierung (SEO) absolviert, kann sich die vielen unangenehm lauten Seiten dazu sparen. Ich habe nicht wenige davon konsultiert und auch das durchaus empfehlenswerte Buch von Yoast zum Thema gelesen, aber Jarvis fasst in diesem kurzen Video mit ruhiger Stimme souverän das zusammen, was man wirklich dazu wissen muss.

Was hat mir Grow Your Audience gebracht?

Ich gebe es ungern zu, aber vor einem halben Jahr stagnierte die Abonnentenzahl dieses Blogs und begann rückläufig zu werden. Dann habe ich Grow Your Audience belegt und Schritt für Schritt begonnen, den dort beschriebenen Prozess umzusetzen. Nach nur drei Monaten hatte sich die Zahl meiner Newsletterabonnenten um mehr als 50% gesteigert. Seither geht sie kontinuierlich nach oben.

Grow Your Audience kann nur zu bestimmten Zeiten im Jahr gebucht, nach dem Erwerb aber jederzeit, so oft wie man will und nach dem eigenen Tempo absolviert werden. Wer möchte, kann sich unverbindlich auf eine Warteliste setzen lassen. Dann erhält man eine Benachrichtigung, wenn der Kurs wieder öffnet.

Paul Jarvis‘ Chimp Essentials: MailChimp richtig nutzen

Chimp Essentials ist der speziellste Kurs, den Paul Jarvis anbietet. Er wendet sich an Nutzer des E-Mail-Dienstleisters MailChimp, die bei der Einrichtung keine Fehler machen oder mehr aus dem Angebot herausholen wollen. In 47 Lektionen beschäftigt er sich beispielsweise mit der Automatisierung von E-Mail-Sequenzen, der Segmentierung von Listen, Merge Fields und A/B-Tests. Wer sich mit E-Mail-Marketing auseinandersetzt, wird den Kurs mit Gewinn besuchen, wirklich nützlich ist er jedoch nur für professionelle MailChimp-Anwender. Wer unsicher ist, kann eine kostenlose Beispiellektion anschauen, ohne sich dafür registrieren zu müssen.

Paul Jarvis Chimp Essentials

Was hat mir Chimp Essentials gebracht?

Chimp Essentials hat mir geholfen, MailChimp sicherer und besser einzusetzen; vor allem die technischen Details erwiesen sich als nützlich, aber auch die Hinweise zur Optimierung von Onboarding-Prozessen waren hilfreich. Viele Einsichten dieses Kurses bewähren sich allerdings erst, wenn man ein komplexeres Portfolio digitaler Produkte anbietet. Einsteiger ins Marketing sollten daher lieber Grow Your Audience belegen, und alle, die ihre Selbständigkeit generell professionalisieren möchten, sind mit Creative Class auf der richtigen Seite.

For an English translation of this article click here.

Abbildungen: © Paul Jarvis

5. Oktober 2017