Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (18): Pessoa kommt an

Von Schwermut und Sehnsucht durchzogen ist das Werk von Fernando Pessoa. Sein Buch der Unruhe zeigt den Dichter als jemanden, der hinter jeder Unterscheidung eine andere sieht, die ebenso hätte getroffen werden können. Im Vexierspiel seiner Masken entfaltet sich Pessoa als vielgestaltiges Ich. Umso interessanter, wenn einmal von Ankunft und genossenem Augenblick die Rede ist – beispielsweise in Die Möwen fliegen, einer unkorrekten Hymne auf das Jetzt aus dem Gedichtband Er selbst, der eine Auswahl von Pessoas orthonym verfassten Versen erstmals in deutscher Sprache zugänglich macht. Hier die vierte der fünf Strophen:

„Genieße, was du hast, trunken vor Sein!
Laß das Morgen, wo es ist.
Gedichte, Frauen, Ideale, Wein –
Was es auch sei, wenn ist, was ist.
Dann ist es dein.“

Quelle: Fernando Pessoa: Er selbst. Poesia – Poesie. Aus dem Portugiesischen übersetzt, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Inés Koebel. Frankfurt am Main: S. Fischer 2014, S. 195. 26,99 Euro.

4. August 2014