Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (26): Fernweh

In seinem literarischen Debüt Das Mädchen mit den Orangenpapieren entwirft der Schauspieler, Autor, Übersetzer, Herausgeber, Verleger und Fotograf Hanns Zischler ein feines Zeitbild der 1950er Jahre. Im Zentrum steht Elsa, ein Mädchen mit einer ungewöhnlichen Sammelleidenschaft. Zu den Bedeutungen, die die Erzählung dem von ihr gehorteten Einwickelpapier zuschreibt, gehört auch das Fernweh:

„Am Abend in ihrem Zimmer breitet sie die Orangenpapiere auf ihrer Bettdecke aus. Sie sind so leicht, dass schon ein Lufthauch, ein Atemzug sie in die Höhe fliegen lässt. Ein Flickenteppich aus Farben und Figuren: Kaum hebt sie eines auf, äugt sie schon nach einem anderen, das in der Flut der bunten Muster aufmerksam betrachtet werden will. Sie buchstabiert die fremdländischen Namen der Händler, ihr wird fast schwindlig von den vielen Göttinnen, Landschaften, Tieren, Pflanzen, Helden und Initialen – und immer wieder ‚Sicilia‘! Dieses ganze Papiertheater nur, um die Früchte heil aus Italien und Spanien hierherzubringen!“

Quelle: Hanns Zischler: Das Mädchen mit den Orangenpapieren. Verlag Galiani Berlin 2014, S. 15. 16,99 Euro.

29. September 2014