Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Wortwörtlich (56): Graphit

Im Alleingang widerlegt Marcel Beyers Gedichtband Graphit das Vorurteil, hochgradig formbewusstes Schreiben und ein ausgeprägtes Interesse an der Wirklichkeit ließen sich nicht verbinden. Kein Zufall, dass der Wahldresdner einmal am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte als „Writer in Residence“ tätig war. Für Graphit hat er sich Zeit gelassen: Die 37 Gedichte entstanden in den vergangenen vierzehn Jahren. Das Buch kommt in einem herrlichen, dunkelgrauen Leineneinband daher, der taktil auf das Gefüge aus Dingen, Spuren und Reflexionen vorbereitet, das Beyer sprachlich aufruft:

„(…) jede Müdigkeit schafft / ihre eigene Welt. Die / lichte Trägheit eines frühen / Vormittags verlangt nach / festem Leder und nach Lachs / in Scheiben, nach einem / Zuchtlachs, wie man ihn im / Rheinland malt / ein wenig / speckig, schillernd, / allerfeinstes Grau. (…)“

Quelle: Marcel Beyer: Graphit. Gedichte. Suhrkamp Verlag Berlin 2014, S. 79.

11. Mai 2015