Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Mr P, eine Kollektion aus Kundendaten von Mr Porter

Mr Porter verkauft Männermode, Kosmetik und Uhren im gehobenen Qualitäts- und Preisbereich. Neuerdings bietet das Online-Versandhaus auch eine eigene Kollektion unter dem Markennamen Mr P an. Viele Teile der Eigenmarke waren gleich nach dem Start ausverkauft. Kein Wunder, handelt es sich doch um eine Kollektion, die die Kundendaten eines E-Commerce-Marktführers in Design übersetzt.

YNAP: Marktführer im Luxus E-Commerce

Mr Porter ist eine E-Commerce-Website der Yoox-Net-a-Porter-Group (YNAP). YNAP, 2015 hervorgegangen aus der Fusion der Unternehmen Yoox und Net-a-Porter, ist nach Angaben des Branchenblattes Business of Fashion (BoF) „undisputed leader in the fast growing luxury e-commerce market“. 2017 hatten die Websites der Gruppe nach vorläufigen Angaben insgesamt 842 Millionen registrierte Nutzer, verzeichneten 9,5 Millionen Bestellungen von 3,1 Millionen aktiven Kunden. Im Schnitt legt ein Kunde Kleidung im Wert von 328 Euro pro Bestellung in den Warenkorb.

Der Gesamtwert von YNAP wird auf 5 Milliarden Euro beziffert. Die Mehrheit gehört dem Schweizer Luxuskonglomerat Richemont, das die Gruppe künftig komplett übernehmen will. 2017 war ein besonders erfolgreiches Jahr für YNAP, und nach eigenen Angaben war dies nicht zuletzt der neuen Kollektion Mr P geschuldet:

„The company said the launch of Mr P, Mr Porter’s private label, in November was one of the ‚most successful brand launches‘ in its history.“

Mr Porter: Content Marketing und Customization

Im Februar 2011 lanciert, vertreibt Mr Porter über 450 Marken an 600 000 Kunden.

Die Erfolgsformel von Mr Porter habe ich ausführlich in einem Artikel über das Handwerk der Hipster beschrieben. Hier die beiden Kernelemente:

Mr Porter

Mr P, die Kollektion von Mr Porter

Am 7. November 2017 lancierte Mr Porter die Eigenmarke Mr P, eine 53 Stücke umfassende Kollektion, die sowohl dauerhaft verfügbare Teile als auch fünf Sondereditionen pro Jahr (in den Monaten Februar, April, Juni, September und November) umfasst. Die Grundidee besteht darin, Stilarchetypen mit Sinn fürs Detail auszuführen.

Mr P

Um dieses Ziel zu erreichen, nutzt das Designteam die umfangreichen Daten, die das Unternehmen in den sieben Jahren seines Bestehens angesammelt hat. Vanity Fair spricht von

„design choices shaped by the data garnered from seven years of purchases by 600,000 customers“

Toby Bateman, managing director von Mr P, macht aus diesem Vorgehen keinen Hehl:

„We have all of the data from our six years of selling. We know exactly what we like. We know what we like that isn’t available anymore. We know what a good price-quality-value relationship is. So we were like, well, maybe it’s time to do our own thing.“

Noch deutlicher wird der Style Director von Mr Porter, Olie Arnold:

„Since our launch over six years ago, we have been able to understand our customer’s buying habits and patterns, observing what they read, buy and even post on social media“

Mr Porter kennt die Farben, die gehen, die Stoffe, die gut ankommen, die Schnitte, die passen. Die Firma weiß, was ihre Kunden wann kaufen und wie hoch ihre Preisschwellen sind. Die Designer lernen aus Surfverhalten und Wunschlisten, Kundenfeedback und Rücksendungen. Buying director Fiona Firth veranschaulicht den Entwicklungsprozess:

„For example, we pulled up about 20 of our best-selling Oxford shirts and we were literally in a room with a model trying every single shirt on. We looked at proportions, fabric, fit and all the details: the [collar] points, the length, can you wear a tie underneath it.“

Zudem profitiert die Marke von der Agilität der eigenen Produktionsteams und ist dadurch in der Lage, den absurden Antizyklus der Mode (Badehosen im Winter, Wintermäntel im Sommer) zu unterlaufen:

„So when it’s freezing cold in January and February in the northern hemisphere we can have [a focus on] outerwear, and it won’t be reduced in the Christmas Sale (…) The lead times are so fast compared with what we’re used to [the average lead time for the Mr P brand is 12 weeks], so it also means that we can fill in gaps when we want to.“

Das aufwendig gestaltete Begleitbooklet spricht von einer „permanent collection of new classics“ und „superior versions of garments that you know and love“. Gemeint ist eine für den trainierten und liquiden Durchschnitt aus Daten maßgeschneiderte, makellose Garderobe: japanisches Denim, italienischer Strick, Baumwollpullover aus Portugal. Wer Exzentrisches und innovative Designerstücke sucht, wird sich damit nicht anfreunden. Wer es unheimlich findet, dass ihm aus Daten gewonnene Designs bestens stehen, bleibt dem Bezahl-Button besser fern. Für alle anderen ist die Kollektion ein weiterer Schritt auf dem Weg des digitalisierten Kapitalismus zum perfekten Produkt.

Lesen Sie auch den Artikel über die Kundenzeitschrift von Mr Porter.

1. Februar 2018