Kevin Callaghan: seltene Erden, giftige Vasen
Drei Vasen im Stil der Ming-Dynastie werden derzeit im Victoria & Albert Museum in London ausgestellt. Das wäre kaum erwähnenswert, bestünden sie nicht aus toxischem Schlamm, der einem radioaktiven, künstlichen See in der Inneren Mongolei entstammt. Von solchen Seen gibt es in China mehrere. In ihnen landen Schlacken, die sogenannte seltene Erden (17 für die Weltwirtschaft unersetzliche Elemente) bei ihrem Abbau verursachen.
Benötigt werden seltene Erden für die Produktion von Smartphones und Laptops, aber auch für Windräder, Solaranlagen, Energiesparlampen und die Akkus von Elektrofahrzeugen. Aus den hochgiftigen Abfallprodukten der gerne als grün bezeichneten Technologien hat der Keramiker Kevin Callaghan die drei Vasen angefertigt. Bei ihrer Herstellung musste er eine Schutzmaske tragen; im Museum werden die Vasen hermetisch abgedichtet ausgestellt. Ihre Größen entsprechen der Menge an giftigem Abfall, der bei der Herstellung eines Smartphones, eines ultraleichten Laptops und einer kleinen Autobatterie entsteht. In einer Erläuterung von Toby Smith heißt es:
„They are presented as objects of desire, but their elevated radiation levels and toxicity make them objects we would not want to possess and in this case the museum vitrine serves to protect us from the exhibit on display rather than the other way round. They are the undesirable consequences of our material desires.“
Die unheimlichen Exponate korrespondieren mit einem Film von Liam Young und Kate Davies, deren nomadisches Forschungsstudio Unkown Fields Division zusammen mit dem Fotografen Toby Smith die Wertschöpfungskette verfolgt hat. Sie führt über riesige Containerschiffe in chinesische Fabriken und endet im Giftsee. Smith erläutert:
„As our personal electronics tend towards the invisible, they conjure in their shadows an undeniably visible grey mountain, a 1km deep pit, and a 10km tailings lake, a counterweight to the apparent immateriality of computing, communications and electric energy.“
Hier der Trailer zum knapp siebenminütigen Film, der im V&A im Rahmen der noch bis zum 27. September laufenden Ausstellung What is Luxury? Premiere hatte.
Und hier mehr über die Arbeit der Unkown Fields Division, die alljährlich ein anderes Hinterland unserer globalisierten Lebenswirklichkeit erkundet:
Foto / Videos: © Toby Smith & Unknown Fields Division (Foto mit freundlicher Genehmigung von Toby Smith)
15. Mai 2015