Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Eine Entdeckung: Cidre de glace rosé von Michel Jodoin

Weinalternativen werden immer interessanter, denkt man etwa an die vorzüglichen Poirés aus der Normandie, wie sie Eric Bordelet oder Pierre Huet herstellen. Beim diesjährigen Craft Destillers Market in Berlin konnte die Cidrerie Michel Jodoin aus Kanada entdeckt werden. Unweit von Quebec angesiedelt, gehören diesem in der vierten Generation von der Familie Jodoin betriebenen Erzeuger alte Obstgärten in Rougemont. Jodoin verarbeitet regionale Apfelsorten zu Brandy, Likör und einem Cidre, den er nach der Champagner-Methode abfüllt und 15 Monate reifen lässt.

Eine besondere Rarität der Region ist der sogenannte Apfeleiswein (Ice Cider, Cidre de glace), der erst seit etwa zwanzig Jahren hergestellt wird und sich den extremen Temperaturunterschieden in der Region verdankt. Er entsteht zumeist durch die Methode der Cryoconcentration. Dabei werden spät geerntete, also besonders süße Äpfel zunächst gelagert und erst bei Einsetzen der Winterkälte gepresst und gefroren. Vom langsam auftauenden Saft schöpft man einen Nektar mit hohem Zuckergehalt ab, der bereits vor dem Wasser wieder flüssig wird, und fermentiert ihn.

Michel Jodoin Cidre

Aus der raren roten Apfelsorte Geneva fertigt Kellermeisterin Laurence Lamboley bei Michel Jodoin den nach Auskunft der Cidrerie ersten Rosé-Eisapfelwein der Welt. Stark limitiert ist die mit 29,90 Euro (erhältlich hier) für eine schlanke 0,375-Literflasche nicht eben billige Spezialität allemal. Handelt es sich bei dem mit 8 Volumenprozent Alkohol eher leichten Getränk um eine Empfehlung für das Frühjahr und die Sommerterrasse?

Ich hatte Gelegenheit, den Jahrgang 2013 zu verkosten. Ansprechend ist die leuchtendrote, ins kupferne tendierende Farbe. Im Glas steht der betörende Duft eines herbstlichen Apfelkellers – man sieht förmlich die Holzkisten mit den fleckigen Früchten vor sich – hier und da kitzeln rote Beeren die Nase. Am Gaumen gibt sich der Wein weich, fast sirupartig mit Kompottsüße und Karamell, zeigt zugleich aber eine lebhafte, stets präsente Säure. Vom ersten Schluck an breitet sich ein volles Apfelaroma im Mundraum aus, deutlich durchsetzt von reifer Erdbeere. Anders als andere Cidres kein spritziger Starter, doch ein außergewöhnlicher Aperitif vor dem Abendessen. Vor allem, solange es draußen nicht zu warm ist.

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8. Mai 2015