Moralmarketing: Von Conflictfood und Crowdpleasern
Neues aus dem Wertekapitalismus: Beim sogenannten Conflictfood handelt es sich um Agrarprodukte aus Krisengebieten, die über direkte Handelsbeziehungen erworben, in Berlin in einer Behindertenwerkstatt abgepackt und über einen Webshop und ausgesuchte Geschäfte verkauft werden. Ein Teil des Erlöses soll in Form von Bildungseinrichtungen der Stabilisierung der Herkunftsregionen zugute kommen. Beim ersten Produkt der von Salem El-Mogaddedi und Gernot Würtenberger gegründeten Initiative handelt es sich um Safran aus West-Afghanistan, angebaut und geerntet von einer Gruppe Frauen. Der karitative Anteil des erwirtschafteten Geldes wird in Bildungszentren sowie in ein Waisenhaus am Rande von Kabul investiert.
Eine gute Sache, möchte man meinen, zöge die Initiative nicht allzu vollmundig die Register des Moralmarketings. Auf der Website sieht man neben den offenbar unvermeidlichen glücklichen Afghaninnen bei der Ernte Slogans wie „Cultivating Peace“ und „Make Love and Risotto“. Ein „Lebensgefühl“ wolle man „teilen“, „kein Mediengag werden“ und plädiere „für absolute Transparenz„. Wieviel den Bäuerinnen gezahlt wird, erfährt man freilich nicht, und die Höhe des karitativen Anteils am Kauf lässt sich auf der Website nur schwer ausfindig machen: Sie beträgt dem Blog des Unternehmens zufolge einen Euro – bei einem Produktmindestwert von 24 Euro (für 1 Gramm Safran) also keine fünf Prozent.
Kürzlich suchte das Unternehmen einen Praktikanten (ob bezahlt oder unbezahlt blieb intransparent), der als „Crowdpleaser“ fungieren soll: „Du weißt, wie man eine Crowd unterhalten (…) kann“, heißt es im Profil. Die Gründer wissen es auf jeden Fall.
Abbildung: © Conflictfood
9. November 2016