Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Das Billig-iPhone – ein Mythos

Wer die ersten Berichte über Apples jüngste Produktpräsentation liest, kann beispielhaft verfolgen, wie sich ein Gerücht zur selbsterfüllenden Vorhersage verfestigt. Ich meine das Gerücht vom „Billig-iPhone“, das wochenlang durch die Presse geisterte und dessen Eintreten nun von jenen bestätigt wird, die es verbreitet haben.

SPIEGEL ONLINE titelt:

„Neues Billigmodell: Apple spaltet sein iPhone“

Billigmodell? 599 Euro kostet das Einstiegsgerät iPhone 5C. Und damit nicht viel weniger, als Apples günstigstes iPhone seit Jahren kostet.

Und ZEIT ONLINE analysiert:

„Bislang genügte es Apple (…) die teuersten Geräte anzubieten. (…) Doch wird die Marke inzwischen nicht mehr als so edel wahrgenommen. (…) Apple setzt daher nun offensichtlich zum ersten Mal auf Masse.“

Wie bitte? Apple soll sich bislang darüber definiert haben, die teuersten Geräte anzubieten? Weder war dies der Fall, denn es gab teurere Smartphones als diejenigen von Apple, noch entspricht diese Darstellung dem Selbstverständnis des Konzerns, dem man vieles vorhalten kann, aber sicher nicht, dass er sich primär über seine Produktpreise von anderen abhebt. Und wie kann man ernsthaft behaupten, ein Unternehmen, das allein 700 Millionen iOS Geräte verkauft hat, iPods und Macs noch gar nicht eingerechnet, setze nun „zum ersten Mal auf Masse“?

Auch die Neue Zürcher Zeitung meint zu wissen:

„Apple (…) zielt in Plastik-Optik auf preisbewusste Käufer in Ländern wie China“

Wie wohltuend ist es dagegen, Daring-Fireball-Blogger John Gruber zu lesen, der seine eigenen Spekulationen über ein Billig-iPhone ohne Umschweife korrigiert:

„I got this one wrong. (…) The iPhone 5C has nothing to do with price. It probably does have something to do with manufacturing costs (which are lower for Apple), but not price. Apple’s years-long strategy hasn’t really changed.“

So ist es. Apple passt lediglich die Produktkategorie Smartphone der bei Desk- und Laptopcomputern seit langem bewährten Zweigleisigkeit (MacBook – MacBook Pro etc.) an. Man übersehe nicht, dass die günstigere 5S Variante denselben Preis hat wie die teurere 5C Variante. Billig-iPhone? Gruber erläutert:

„It’s just that instead of putting the year-old iPhone 5 in slot #2, they’ve created the 5C to debut in that slot. (…) What changes with the 5C is that the middle tier is suddenly more appealing, and has a brand of its own that Apple can promote apart from the flagship 5S.“

Ganz einfach. Und einmal mehr ist Apples Strategie smarter als die Schlagzeilen seiner Interpreten.

Billig-iPhone 5C

Plastik muss nicht „billig“ sein. Das Faszinierende der Firma aus Cupertino liegt ja nicht zuletzt darin, Industriedesign (lies: serielle Massenfertigung) und höchste Qualitätsansprüche zusammenzubringen. Gruber:

„Yes, it’s plastic, but there’s nothing cheap about it. It has a far better fit and finish, and feels way better in your hand, than Apple’s previous foray into plastic iPhones, the 3G and 3GS. The 5C feels like a premium product.“

Der Daring-Fireball-Autor hat die neuen Modelle vor Ort getestet und kommt sogar zu dem Schluss, dass die farbigen Hintergründe des neuen iOS 7 besser zu den bunten 5C Varianten passten als zum Modell 5S.

Kurzum: Das 5C ist kein Billig-iPhone. Allenfalls, wie Gruber anfangs bemerkt, in der Produktion. Worüber an anderer Stelle zu schreiben wäre.

Mehr über Apple finden Sie im Archiv.

Foto: © Apple

11. September 2013