Erfahrungen mit dem RSS-Reader Feedbin
Feedbin ist ein kostenpflichtiger RSS-Reader. Ich habe mich für ihn entschieden, obwohl man Feedreader auch kostenlos bekommen kann. Ist mir noch zu helfen? Erfahrungen bei der Suche nach dem besten Feedreader.
Wie viele Blogger sichtet auch ich täglich zahlreiche Websites. Um nicht jede Seite einzeln aufrufen zu müssen, empfiehlt es sich, die Beiträge als RSS-Feed zu abonnieren. RSS (Really Simple Syndication) stammt aus den Urzeiten des Internet und ermöglicht es, Nachrichtenströme zu beziehen, ohne dass der Sender erfährt, wer sie abruft. Auch INVENTUR macht es möglich, den Blog als Feed zu abonnieren – und eine Reihe von Leserinnen und Leser folgen der Website auf diesem Weg.
Um RSS-Feeds zu lesen, braucht man einen Feed-Reader. Eine solche Anwendung kann man sich wie ein E-Mail-Programm vorstellen, nur dass statt Mails Nachrichten angezeigt und verwaltet werden. Manche Anbieter reduzieren ihre Feeds auf die ersten Zeilen eines Beitrags; um sie komplett zu lesen, muss man die Website des Anbieters aufrufen. Das widerspricht zwar alter Netzethik, sorgt aber dafür, dass sich die Lektüre eines Beitrages in den Klickzahlen der Website niederschlägt – und viele Seiten finanzieren sich über klickzahlenbasierte Werbung. Mit einem guten Feedreader kann man allerdings auch gekürzt ausgelieferte Beiträge komplett im Reader lesen.
Lange Zeit dominierte Google den Feed Reader-Markt – bis das Unternehmen den Google Reader Mitte vergangenen Jahres überraschend abschaltete. Die Folge war eine doppelte: zum einen sorgte Googles Entscheidung für eine Belebung des Reader-Marktes, zum anderen stieg die ohnehin bereits hohe Zahl ehemaliger Reader-Nutzer, die ihre Nachrichtenströme nun ausschließlich über Soziale Netzwerke beziehen. Tatsächlich haben Anwendungen wie Twitter und Facebook ihre technologischen Ursprünge in der Feedtechnologie. Aber den Bezug von RSS-Feeds erlauben sie nicht – um die Nutzer in ihre geschlossenen Systeme zu zwingen.
Das wachsende Unbehagen an Diensten, die Daten abschöpfen und Werbung aufdrängen, führte jedoch auch zu einer Renaissance der alten RSS-Technik. Immer neue Reader kommen auf den Markt, und dieser Tage kehrt Apple mit iOS 8 und OS X Yosemite zumindest ansatzweise zur RSS-Verwaltung im Safari-Browser zurück.
Um die Möglichkeiten der RSS-Technologie richtig auszuschöpfen, sollte ein Feedreader wenigstens folgende Eigenschaften mitbringen:
- Er sollte ein übersichtliches Layout haben, das nicht zuletzt das Löschen leicht macht.
- Er sollte synchronisieren, damit erledigte Feeds nicht auf anderen Geräten erneut auftauchen und gespeicherte überall abrufbar bleiben.
- Er sollte auch auf mobilen Geräten gut funktionieren, damit man Wartezeiten unterwegs nutzen kann.
- Er sollte die Feed-Abonnements eines Nutzers nur auf dessen Wunsch hin öffentlich zugänglich machen.
- Er sollte persönliche Daten des Nutzers, insbesondere sein Leseverhalten, nicht auswerten und den Nutzern keine Werbung aufdrängen.
Viele Feedreader sind kostenlos. Will man jedoch einen Reader haben, der alle Kriterien erfüllt, scheiden zahlreiche Gratislösungen aus. Das erfolgreiche Feedly hat auf seiner Website noch nicht einmal eine privacy policy verlinkt. Das liebenswerte Bloglovin versteht sich primär als öffentliche, soziale Plattform. Das wackere open source-Projekt Vienna eignet sich nicht für Tablets und Smartphones und lässt sich nicht ohne weiteres synchronisieren.
Die Suche nach dem optimalen Reader erweist sich schnell als unübersichtlich. Brauche ich neben einem RSS-Dienst auch noch extra Clients für meine Geräte? Oder reicht ein gut gemachtes, responsives Interface? Wer hier aussteigt, verpasst eine faszinierende Welt: die junger Entwickler und Existenzgründer, die mit ihren Produkten jene Nische besetzen wollen, die der Gigant Google freigegeben hatte. Man lässt sich etwas einfallen, etwa im Fall von Jordan Sherer, dem Gründer des Minimal Reader. Er bietet neben einer Bezahllösung auch einen kostenlosen Account mit eingeschränkter Funktionalität an – aber nicht für jeden. Die Anzahl der Nutzer ist begrenzt. Wer einen haben will, muss warten. In unserem Fall standen gut 300 Leute Schlange – allerdings wurde der Account dann doch am nächsten Tag freigeschaltet …
Auffällig ist, wie gut viele Entwickler für die Kunden erreichbar sind. Auf eine E-Mail-Frage zu Datenschutzbestimmungen antwortete Feedbin-Gründer Ben Ubois umgehend. Eine erfrischende Erfahrung, wenn man an die entnervenden Warteschleifen der Konzerne gewöhnt ist.
Feedbin bekam meinen Zuschlag. Nicht nur erfüllt dieser auch von Software-Experten wie Brent Simmons genutzte Dienst alle genannten Kriterien und ist in der Lage, gekürzte Feeds komplett anzuzeigen. Er ist zudem open source. Ein Jahresabo kostet 30 US-Dollar. Diese Gebühr sichert dem Entwickler bereits bei einer vergleichsweise geringen Nutzerzahl ein beachtliches Einkommen und dürfte ihn auf einem sehr wettbewerbsintensiven Markt zur Pflege und Optimierung seines Produktes motivieren. Er selbst drückt es folgendermaßen aus:
„Feedbin has one of those boring business models that actually works. Charging money for a good or service.“
Und so zahle ich neuerdings für etwas, das ich auch umsonst bekommen könnte. Bei genauem Hinsehen freilich nicht, weil die Bezahlvariante an den entscheidenden Punkten besser ist.
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10. Oktober 2014