Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Riedel, Stölzle, Zalto… Welches Weinglas ist das beste?

Lohnt sich die Anschaffung teurer Weingläser? Wie viele verschiedene braucht man? INVENTUR hat zum Thema Weinglas recherchiert.

Wer je Weine aus unterschiedlichen Gläsern verkostet hat, wird dem einhelligen Expertenurteil zustimmen: Es macht einen Unterschied, aus welchem Glas man seinen Wein trinkt. Diese Einsicht hat zwei Seiten: zum einen besagt sie, dass Einheitsgläser zwar bei einem breiten Spektrum an Weinen überzeugen können, es jedoch das eine perfekte Glas für alle Gelegenheiten nicht gibt; zum andern bedeutet sie, dass preisliche Unterschiede sich auch qualitativ auswirken können. So sind viele Kenner davon überzeugt, dass mundgeblasene Gläser maschinengefertigten vorzuziehen sind. Aber welches Weinglas lohnt die Anschaffung?

Das richtige Weinglas: Preisunterschiede

Hochwertige Gläser können sehr teuer sein. Schnell ist für ein einziges Glas etwa von Riedel so viel zu bezahlen wie für sechs Gläser von Stölzle. Eine unachtsame Bewegung beim Abtrocknen, und schon sind dreißig Euro dahin! Andererseits ist es kaum sinnvoll, hohe Beträge für große Rieslinge oder feine Pinots auszugeben, dann aber am Glas zu sparen. Und selbst einfachere Weine können durch gute Gläser gewinnen, weil sie erst darin ihr ganzes Potential offenbaren.

Weinglas

Wo also anfangen? Eine weit verbreitete, etwa von Hugh Johnson gegebene Empfehlung eines universalen Degustationsglases ist das klassische Chianti-Glas von Riedel. Bei einem Blindtest mit eigenem Riesling kürte Dirk Würtz vor einiger Zeit Riedels Riesling-Glas aus der Vinum-Reihe zum Testsieger, das mit knapp 20 Euro für ein maschinengeblasenes Glas nicht billig ist.

Für Furore unter Preis-Qualitäts-Gesichtspunkten sorgen seit einiger Zeit die Gläser von Stölzle aus Weißwasser in der Lausitz. Hier kosten sechs Gläser unter 30 Euro – was zur Anschaffung eines breiteren Spektrums einlädt. Ein jüngerer Test preiswerterer Gläser fand mit dem „Grandezza“-Allrounder dieser Glashütte ein ordentliches Basisglas.

Das richtige Weinglas: Qualitätsunterschiede

Wer hingegen keine Kompromisse eingehen will und mundgeblasene Gläser vorzieht, stößt immer wieder auf einen 2009 vom Magazin Stern veranstalteten, sehr aufwendigen Glastest. Eine Jury aus zehn Sommeliers sowie den Chefs der großen Glashütten teste mit Handschuhen und Augenbinden 600 Gläser. Zu den Teilnehmern zählten bekannte Weinexperten wie Hendrik Thoma und Caro Maurer. In allen drei Kategorien (Riesling, Burgunder und Bordeaux) belegten die federleichten, äußerst filigranen Gläser von Zalto den ersten Platz.

Nuancierte Nachtests wie der lesenswerte Artikel von Markus Budai bekräftigten das gute Abschneiden. Die Reihe Denk’Art des österreichischen Herstellers erhielt Lob von Parker’s Wine Advocate, Jancis Robinson und vielen anderen. Robinson, die unterdessen ein eigenes Glas auf dem Markt gebracht hat, beschrieb es folgendermaßen:

„Zaltos feel so delicate that you feel at one with the wine“

Der Pfälzer Winzer Hansjörg Rebholz nennt die Verkostung mit Zalto-Gläsern „gnadenlose Nacktscannerei“. Wer zum ersten Mal eines dieser ultradünnen, mundgeblasenen Gläser in der Hand hält, traut sich kaum, damit anzustoßen. Bald zeigt sich aber, dass dem Glas eine erstaunliche Elastizität zukommt. Dank seiner Leichtigkeit und Dünnwandigkeit begegnet man dem Wein darin geradezu unmittelbar. Ein Erlebnis, für das man pro Universalglas gut 30 Euro ausgeben muss.

Nachtrag: neue Gläser, neue Tests

In den Jahren nach Erscheinen dieses Artikels hat sich einiges getan. Die New York Times begab sich Anfang 2017 auf die Suche nach dem besten Universalglas und testete zusammen mit der Plattform The Sweethome über 80 verschiedene Weingläser. Zu den Empfehlungen zählen das Riesling Glas aus Riedels Vinum-Serie und ebenfalls das Universalglas von Zalto, das „for the serious wine drinker“ als beste Wahl empfohlen wird:

„The Zalto Universal outperformed every other glass in our blind taste test.“

Zudem kam eine Reihe von Konkurrenzgläsern auf den Markt, die Zalto den Rang streitig machen wollen, darunter die Gold Edition des von vielen Weintrinkern geschätzten Gabriel-Glases. Zu den Wettbewerbern zählt auch Kurt Josef Zalto selbst, der die Firma Zalto nach Konflikten mit Investoren verlassen und zusammen mit der Josephinenhütte eine neue, patentierte Glasserie entwickelt hat. Die neuen Gläser zeichnen sich durch einen markanten Knick aus, der für eine der Weinentfaltung besonders zuträgliche Sauerstofflenkung sorgen soll. Eine Reihe angesehener Weinkenner, unter ihnen Christian Rainer und Billy Wagner, ziehen das neue Design dem klassischen Zalto-Glas vor.

Universalglas

Andere Experten wie etwa Eric Asimov, der Weinkritiker der New York Times, bleiben weiterhin beim ursprünglichen Zalto-Glas, das nach wie vor im Handel erhältlich ist. Bei diesem auch nach Zaltos Weggang umgangssprachlich als Zalto-Glas bezeichneten Weinglas handelt sich um das von Hans Denk entwickelte Universalglas aus der Denk’Art-Serie, hergestellt von der Firma Zalto. Asimov empfand es bei seiner Markteinführung als „fundamentally different and radically better than the other leading glasses“. In einem aktuellen Test vergleicht er es mit den neuen Herausforderern. Sein Fazit:

„They all made me happy, but I am glad I invested in those Zaltos 11 years ago. I think they are still hard to beat.“

Fazit: Weingenießer finden derzeit auf dem Markt ein nie gekanntes Angebot erstklassiger Gläser vor. Und wenn ein großer Pinot auch besser aus einem bauchigen Burgunderglas als aus einem Universalglas getrunken werden sollte, so eignen sich Universalgläser doch für die allermeisten Weine und Trinksituationen. Das Zalto-Universal hält sich hartnäckig an der Spitze und gilt unterdessen sogar bei vielen Champagnertrinkern als die beste Wahl.

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Weitere Infos >

Lesen Sie auch das Gespräch mit der Glasexpertin Anneli Kraft und den Artikel über die Frage, wie man am besten Wein kauft.

Abbildung: Round Icons*

29. April 2016