Der Blog von Dirk Hohnsträter
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Bottega Veneta Pour Homme: Die Probe ist das Produkt

In Lizenz für große Marken hergestellte Düfte überzeugen selten, weil sie auf einem vom Marketing formulierten brief basieren, anstatt dem Parfumeur die volle kreative Freiheit einzuräumen. Die Ergebnisse verlieren sich daher zumeist in einem olfaktorischen Einerlei. Dass dieser Mechanismus auch auf hohem Niveau greifen kann, zeigt Bottega Veneta Pour Homme, der erste Herrenduft aus dem Hause Bottega Veneta. Allem Anschein nach handelt es sich um ein tadelloses Produkt, das auch Fantastic Man’s Daily Recommendation zu einem „Well done!“ hinriss:

„First of all it’s really light, so you don’t get nauseous from breathing and smelling your own unshakeoffable cloud of scent all day. It’s woody, soapy and not too sweet. (…) The whole thing is a great, grown-up proposition without it being your grandpa’s after-shave.“

Skeptisch mag allerdings die Lektüre der überkonkreten „Vision“ stimmen, die nach Angabe von Bottega Veneta die Produktentwicklung leitete:

„Wir finden uns in den Dolomiten nördlich des Venetos wieder. Inmitten satter Bergwiesen steht ein Bauernhaus, ein rustikaler Schutz vor der Wirklichkeit. Innen ist es mit Kiefernholz ausgekleidet und die Fenster sind weit geöffnet. Herein strömt eine sanfte, frische Brise von Heu, Tannenzapfen und Kiefernnadeln von den nahen Wäldern, kombiniert mit der kühlen Luft des Gletscherbachs, an dessen Ufern wilde Iris wächst. Eine Holzbank ist mit wunderschön gealterten Lederkissen versehen, auf denen ein Mann Platz genommen hat, der eine Pause zwischen der Hektik der Großstadt und einer Bergtour macht.“

Um den Duft unter die Leute zu bringen, scheut die Flaggschiff-Firma des Kering-Konzerns keine Kosten. Im Gegensatz zu den üblichen, einfallslosen Glasröhrchen, in denen Parfumproben gemeinhin daherkommen, wird Bottega Veneta Pour Homme in einer maßstabgetreuen, großzügig befüllten Miniatur des runden Rauchglasflakons verschenkt, dessen unebener Boden auf das intrecciatio-Flechtmuster der italienischen Lederwarenmarke anspielt.

Bottega Veneta Pour Homme

Man ist angetan, und merkt doch mit jedem neuen Auftragen, wie der Duft in einer Art höherer Bravheit ausklingt. Wer weiss, ob das Marketing sich hier nicht selbst eine Falle gestellt hat: Warum noch kaufen, wenn schon die Probe das volle Erlebnis bietet – die Erfahrung der sublim-gefälligen Basisnote eingeschlossen? Well done, just a little bit too well.

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30. Mai 2014