Im Kaffeehaus, ein Buch von Sepp Dreissinger
In einem kürzlich erschienenen Buch verbindet der Wiener Fotograf Sepp Dreissinger seine beiden großen Themen: Künstler und Kaffeehäuser. Wunderbar gestaltet, enthält es rund 100 S/W-Fotografien und über 35 Gesprächsprotokolle. Ein Lebenswerk.
Mit Fotos von Thomas Bernhard im Café Bräunerhof wurde er berühmt: der Wiener Fotograf Sepp Dreissinger. Seine Porträts zeigen Schriftsteller und Schauspieler und machen, wie Wolfgang Kos urteilte, aus „Berühmten und Schwierigen (…) plötzlich reale Menschen“. Dreissinger, der neben Künstlerporträts auch einen Band mit Hausmeisterporträts vorgelegt hat, widmet sich in seinem jüngsten, im Album Verlag herausgekommenen Buch jenem Ort, an dem Wiener Kulturschaffende sich seit jeher treffen und ihrer Arbeit nachgehen: dem Kaffeehaus. In eindrücklichen Aufnahmen und anregenden Gesprächen zeigt es Persönlichkeiten wie Ilse Aichinger, Ernst Jandl, Georg Kreisler, Paulus Manker, Robert Menasse, Friederike Mayröcker, Wolf Wondratschek und Joe Zawinul.
Nach einem Musikstudium am Salzburger Mozarteum ist Dreissinger seit 1976 als Fotograf tätig. Über seine Fotoarbeit äußerte er sich einmal folgendermaßen:
„Ich habe anscheinend die Gabe, beim Fotografieren eine entspannte Atmosphäre herzustellen und dann aus der vorhandenen Situation den entscheidenden Augenblick zu erwischen.“
Dreissinger, der keine eigene Kaffeemaschine besitzt, geht täglich mehrmals ins Kaffeehaus. Das Aufkommen von Mobiltelefonen und Laptops bedauert er ebenso wie das Rauchverbot in öffentlichen Räumen. Bei einem Kaffeehaus komme es weniger auf die Qualität des Kaffees an als auf die ungezwungene, gemütliche Atmosphäre, das Vorhandensein von Zeitungen, verbindliche Ober, genügend Ruhe und räumliche Nähe:
„Es sollte ums Eck sein.“
Sepp Dreissinger: Im Kaffeehaus. Gespräche | Fotografien. Album Verlag Wien 2017. 336 Seiten. 39 Euro.
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- einen Film, in dem Brady Haran zum ersten Mal Kaffee trinkt.
Die Fotos, vom Album Verlag freundlicherweise zur Verfügung gestellt, zeigen Thomas Bernhard im Café Bräunerhof (Wien 1988) und Leopold Hawelka vor dem Café Hawelka (Wien 1996). Das Copyright liegt bei Sepp Dreissinger.
21. Dezember 2017