Wie war die Buchmesse?
Heute geht sie zu Ende, die Frankfurter Buchmesse. Ich war dort, nach vielen Jahren Messepause. Hat sich etwas geändert? Dem ersten Eindruck nach: kaum. Die Messe ist groß und voll, die Hallen sind warm, die Luft trocken. Um auf seinem Parcours über die Runden zu kommen, stibitzt man an den Ständen Weingummis, und am Freitagnachmittag werden überall die Sektflaschen geöffnet. Die wackeren Wissenschaftsverlage aus Süddeutschland stellen schwer Verkäufliches aus wie eh und je, auf den Podien rauscht das unendliche Gespräch. Man möchte – daran hat sich nichts geändert – mehr lesen als man jemals im Leben wird lesen können.
Und doch gibt es einen gravierenden Unterschied. Trug ich als Student gleich mehrere Jutebeutel voller Vorschauen, Gesamtverzeichnisse und Messebeilagen nach Hause, so ziehe ich heute die Online-Versionen vor. Auch erweist sich der schwere Messekatalog dank gut gemachter App als überflüssig. Kurzum: Die Digitalisierung hat Einzug gehalten, und sie zeitigt zwei Zwischenergebnisse. Zum einen erweisen sich buchkünstlerisch gemachte Bücher als immer attraktiver, wie etwa der Verlag Hermann Schmidt Mainz oder Matthes & Seitz mit der Naturkunden-Reihe zeigen. Zum anderen wenden immer mehr Häuser die Digitalisierung vom Angstthema zu einer differenziert wahrgenommenen Mitgestaltungschance. Wissenschaftsverlage wie Diaphanes bieten einzelne Aufsätze aus teuren Sammelbänden zum kostengünstigeren Download an, Hanser öffnet seine Kurz-E-Book-Box, und Sascha Lobo wirbt unermüdlich für die soziale Leseplattform Sobooks. Allmählich tut sich etwas, auch wenn die Messe noch ungelenke Veranstaltungstitel wie „Forum Zukunft Arena Digital“ wählt. Vielleicht nähert man sich künftig ja der Entspanntheit von Friedenspreisträger Jaron Lanier an. Der hielt, von seinen gadgetkritischen Büchern umgeben, das Gadget fest in der Hand – und suchte barfuß Bodenkontakt.
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